Kochen – bis die Schwarte kracht!
Terrasse, 26 Grad, Windstille. Wir sind unter einem großen Sonnenschirm. Der Korken ploppt, als Matthias den Rosé aufzieht. Er ist eiskalt und Matzi schenkt großzügig ein. Hmmmm. Noch ein Schluck, dann geht’s in die Küche. Kochen mit Matthias ist immer ein Erlebnis. Dass am Ende auch etwas sehr gut Essbares dabei herauskommt, das ist fast eine Nebensache. Wir bewegen uns in der Küche wie Synchronschwimmer, Schritt für Schritt bauen sich die Gerichte fast wie von selbst zusammen. Und wir reden währenddessen stundenlang miteinander. Über die aktuellen Themen der Zeit, über die ideale Größe von Zwiebelwürfeln und über den Sinn des Lebens. Weil wir uns seit unserer Kindheit kennen, ist dies immer ein Dialog, der plötzlich anknüpfen kann an Gespräche, die wir vielleicht vor ein paar Jahrzehnten hatten und jeder weiß, was gemeint ist. So fühlt sich „beste Freunde“ an.
Coronabedingt haben wir das lange nicht gemacht. Bis gestern. Wir wollten kochen, bis die Schwarte kracht. Und so war es dann auch. Es gab erst mal ein Stück gute saarländische Fleischwurst auf die Hand. Dann einen Salat von Salicornes, einen leichten Polposalat mit Staudenselleriestreifchen, zarte Gambas aus der Pfanne mit Aioli und dann als großes Finale noch eine knusprige Spanferkelschulter. Und die ging so:
1 ausgelöste Schulter vom Spanferkel, ca. 2 kg
1 kleines Glas Kalbsfond
eine große Handvoll frische Kräuter (Rosmarin, Thymian, Salbeiblätter)
5 Pimentkörner
1 EL Fenchelsamen
0,25 l roter Tawny-Portwein
0,2 l Sahne
Fleur de Sel
Weißer Pfeffer
Schwarzer Pfeffer
Das mächtige Schulterstück wird auf der Schwartenseite zunächst rautenförmig eingeschnitten. Im Internet wird immer wieder beschrieben, man solle dafür ein Teppichmesser nehmen, aber meine Japanmesser sind scharf genug, da musste ich nicht den Werkzeugkasten bemühen. Jetzt großzügig salzen, pfeffern und drei Minuten von jeder Seite bei mittlerer Hitze anbraten. Den Bratensatz mit einem großzügigen ersten Guss Portwein ablöschen und loskochen. Dann die Kräuter und die Pimentkörner in die Pfanne geben, die Schulter daraufsetzen und mit den Fenchelsamen überstreuen. Das gute Stück kommt jetzt, Schwartenseite nach oben, mit der Pfanne in den auf 90 Grad vorgeheizten Backofen und darf dort stundenlang seiner idealen Kerntemperatur von 75 Grad entgegen garen. Das sollte mindestens dreieinhalb Stunden dauern, damit das Fleisch schön zart und die Schwarte schön knusprig wird. In der Zwischenzeit können Sie sich hinlegen, Einkaufen gehen oder auch ein paar Zwischengänge zaubern – so wie wir gestern.
Bei 75 Grad Kerntemperatur die Pfanne aus dem Backofen nehmen, das Fleisch herausheben und mit der Schwartenseite nach oben fünf Minuten unter den Backofengrill legen. Dabei alles gut im Auge behalten, damit es nicht verbrennt. Dann den Backofen abschalten, die Schulter darf dort noch ein paar Minuten bleiben, bis die Sauce fertig ist. Die zerkochten Kräuter aus der Pfanne nehmen, den Bratensaft mit Portwein und etwas Kalbsfond aufgießen und einkochen lassen. Das wird dann zweimal wiederholt, bevor wir einen ordentlichen Schuss Sahne hinzugeben und alles erneut einkochen lassen. Mit weißem Pfeffer, schwarzem Pfeffer und Salz abschmecken, dann mit eiskalter Butter oder etwas Speisestärke binden. Fertig. Das knusprige Schulterstück aus dem Bachofen heben, kurz ruhen lassen, aufschneiden und mit Beilagen nach Wunsch servieren. Bei uns passte nur noch ein bisschen Salat.
Nach dem Essen sitzen wir, rechtzeitig zum Sonnenuntergang, auf der Terrasse. Dazu ein Espresso und ein guter Mirabellenbrand aus dem Elsass. Wie immer ist der Nachmittag wie im Flug vergangen während unserer fast fünfstündigen Küchenschlacht. Ich freue mich schon aufs nächste Mal, denn es gibt noch so viel zu kochen. Und so viel zu besprechen. À bientôt!
p.s.: Die bayerischen Leserinnen und Leser mögen mir verzeihen, dass ich die Schwarte nicht mit Salzwasser oder Bier bepinselt und begossen habe. Das Foto zeigt das Ganze nach dem Anbraten, also nicht die fertige Kruste. Ich schwöre, sie war auch ohne Pinseln perfekt und hat ordentlich gekracht.