“Die ganze Welt ist wie verhext – Veronika, der Spargel wächst”: Vor 89 Jahren besangen die Comedian Harmonists ein wunderbares Gemüse, das uns auch heute noch schmeckt. Für mich ist es immer ein Ereignis, wenn ich irgendwann im April die erste Tüte mit den quietschenden Stangen nach Hause tragen kann. In den ersten Wochen reicht es mir immer, wenn er, bei 200 Grad unter dicht schließender Alufolie eine Stunde mit viel Butter, Salz und einer Prise Zucker im Backofen gegart, mit bestem Schinken auf den Tisch kommt. Seit mein Freund Matthias mir diese Methode gezeigt hat, kann ich mir Spargel gar nicht mehr anders vorstellen, weil das Aroma so intensiv ist, viel besser als schnöde in Wasser gekocht.
Nach spätestens drei Wochen möchte ich dann etwas raffinierter werden und fange an, zu experimentieren. Vor einem Jahr habe ich zum Beispiel an dieser Stelle Spargel mit Erdbeeren kombiniert (http://www.knauber-kocht.de/knauber-trinkt/frisch/gebt-dem-spargel-pfeffer-und-erdbeeren.html) Kürzlich kam mir dann ein Rezept in Erinnerung, das ich immer schon ausprobieren wollte: Eine Spargelsülze. Nun weiß ich, dass Frau Knauber keine große Freundin von Sülze ist. Ich war mir aber sehr sicher, dass ich mit diesem Rezept ihre Zustimmung gewinnen würde, weil es so wunderbar zart nach Spargel und Frühling schmeckt. Gewagt, getan.
Spargelsülze für 4 Personen
600 Gramm weißer Spargel, im Backofen eine Stunde abgedeckt bei 200 Grad mit etwas Butter gegart und abgekühlt
1 Liter Spargesud aus ausgekochten Spargelschalen und -Abschnitten, auf 500 ml reduziert
4 Tütchen Agartine (pflanzliches Geliermittel)
100 Gramm Erbsen, frisch oder tiefgekühlt; im letzteren Fall eine Minute blanchiert
150 Gramm italienische Mortadella, in kleine Würfelchen geschnitten
150 ml Noilly Prat oder trockener weißer Wermut
2 EL Zitronensaft
4 EL Weißweinessig
Salz
weißer Pfeffer (Hier war es die Mélange Blanc von Ingo Holland)
Den gekochten und abgekühlten Spargel längs halbieren und kleinschneiden. Wermut, Zitronensaft und Essig ins konzentrierte Spargelwasser geben, aufkochen und abschmecken. Konzentration! Bei Sülzen und Pasteten muss man jetzt schon das endgültige Geschmacksbild vor Augen haben, denn sind sie erst einmal in der Form, kann man nicht mehr viel ändern. Jetzt gebe ich das Geliermittel hinzu und lasse das Ganze etwa zwei Minuten aufkochen. Währenddessen vermische ich in einer Schüssel Erbsen, Spargelstückchen und Mortadellawürfel. Da lasse ich die Spargelwasser-Wermutmischung abkühlen und gieße sie in die Schüssel zu den übrigen Zutaten. Ab etwa 35 Grad beginnt die Masse nun zu gelieren. Jetzt in eine längliche, mit Klarsichtfolie ausgeschlagene Pastetenform füllen und mit Klarsichtfolie abdecken. Damit die Sülze kompakt wird, beschwere ich die Masse von oben mit Messern oder Gabeln aus der Besteckschublade. Nun wandert die Sülze über Nacht in den Kühlschrank. Was man am nächsten Tag (mit einem Klecks Crème Double und etwas Estragon darin) servieren kann, ist zart, frühlingshaft und eine perfekte Vorspeise für einen warmen Frühlingstag.
“Interessant”, murmelte Frau Knauber, ohne von ihrem Teller aufzusehen, während sie mit der Gabel an der gelierten Masse wackelte. In diesem Moment wusste ich, dass ich verloren hatte. Ehrlich, die Sülze war gut. Nur leider nicht so gut, dass Frau Knauber ihre Meinung über Sülzen dadurch geändert hätte. Die nächsten Wochen gibt es dann wieder Spargel mit Schinken. À bientôt!
p.s.: Wer mit diesem Klassiker auch keine Experimente wagen möchte, dem empfehle ich dazu den im Buchenrauch geräucherten Domschinken aus der Manufaktur Bedford in Osnabrück. Der beste Schinken, den ich in dieser Saison auf dem Teller hatte. Da war ich mir mit Frau Knauber glücklicherweise einig. Zur Manufaktur geht es hier: http://www.bedford.de
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