Navarin d’ Agneau: Zartes Lamm und großes Glück!
Hinter der Kurve bremsten wir. Wie hingestreut lag dort ein ganzer Hang voll blühendem Mohn, und durch das Seitenfenster wehten die Düfte der frühlingshaften Provence zu uns herein: blühender Thymian, harzige Pinien, Büsche von Rosmarin. Dazu ein noch kühles, aber schon gleißendes Sonnenlicht, das bereits jetzt im Frühling alles durchstrahlte. Entfernte Bekannte hatten einige Jahre zuvor mitten in der Provence gleich ein ganzes Schloss gekauft, und wir hatten uns dort für eine Woche eingemietet. In der gewölbeartigen Schlossküche kochten wir wie entfesselt, wir fuhren zu den besten, besternten Restaurants in der näheren Umgebung, besuchten die Wochenmärkte und schlemmten uns durch den provencalischen Frühling des Jahres 2006. Auf dieser blühenden Mohnwiese bei Gréoux-les-Bains erzählte mir mein alter Freund Jens mit blitzenden Augen, dass er bald Vater wird, und er platzte regelrecht vor Glück. An das zarte Grün und diese sonnendurchfluteten Tage muss ich oft denken und an unser Lachen, unser Staunen über die Schönheit des Lac Sainte-Croix und endlose Boulespiele unter blauem Himmel.
Im Frühling kommen schon Anfang Mai in der Provence zarte Erbsen, kleine Rübchen, knackiger Spargel, dicke Frühlingszwiebeln, junger Knoblauch und die ersten Kartoffeln auf den Markt. Aus der Haute Provence stammt ein Gericht, dass all diese Leckereien zusammenbringt in einem Lammragout, in dem das Lamm aber fast nur eine Nebenrolle spielt: Das legendäre Navarin d’ Agneau.
(für 2 Personen)
400 g Lammhüfte, in Würfel von ca. 2,5 Zentimeter Kantenlänge geschnitten
600 ml Kalbsfond
1 Glas Weißwein
2 EL Mehl
ein Bund kleine Karotten, die Hälfte geputzt und geschält, die andere Hälfte dann noch fein gewürfelt
ein Bund Frühlingszwiebeln, die Köpfe angeschnitten und geputzt, die Stangen in feine Streifen geschnitten
6 Mairübchen, geschält und geviertelt
6 Radieschen, geputzt und halbiert
10 Stangen grüner Spargel, die Köpfe am Stück, die Stangen in Scheibchen geschnitten
300 g junge Erbsen
2 Stangen Staudensellerie geschält und in 1 cm lange Stücke geschnitten
eine Handvoll Kaiserschoten, in Rauten geschnitten
2 dicke Zehen frischer Knoblauch, geviertelt
eine Handvoll Petersilie, fein gehackt
3 Schalotten, feingehackt
3 Frühkartoffeln, grob gewürfelt
ein Sträußchen frische Kräuter: Thymian, Bohnenkraut, ein Lorbeerblatt
weißer Pfeffer
Fleur de sel
1 Prise brauner Zucker
Da sitzt man erstmal und schnippelt, nascht dabei ein paar rohe Erbsen und freut sich schon auf das fertige Essen. Dazu gibt es ein Glas Rosé “Magali” von der Domaine La Figuière, den mein Cousin Hans-Dieter mir empfohlen hat. Und nun geht es los! Zunächst das Lammfleisch 5 Minuten scharf anbraten, dann die Würfelchen von Schalotten, Karotten sowie die Ringe von der Frühlingszwiebel, den Knoblauch und die Selleriestücke dazugeben und ein paar Minuten andünsten lassen. Mit dem Mehl überstreuen und kurz einbrennen lassen, das gibt dem ansonsten sehr leichten Gericht etwas Struktur. Dann mit dem Kalbsfond und dem Weißwein aufgießen, das Kräutersträußchen, etwas Salz und weißen Pfeffer dazugeben und mit geschlossenem Deckel 50 Minuten leise köcheln lassen.
Dann die Mairübchen, Radieschen, Erbsen, Kartoffelwürfel, Spargelscheiben, die ganzen Karotten, die Köpfe der Frühlingszwiebeln und die Petersilie dazugeben und weitere 20 Minuten köcheln lassen. Die Prise Zucker nicht vergessen. Der schwere Deckel bleibt weiter auf dem Gusstopf. Zuletzt kommen noch die Rauten der Kaiserschoten und die Spargelköpfe in diesen magischen Topf, aber nur noch für 6 Minuten. Das Lamm ist jetzt wunderbar zart, der Spargel und die Karotten haben noch einen ganz leichten Biss. Bei Bedarf mit wenig Salz und etwas weißem Pfeffer abschmecken. Und dann kommt der frische Frühling in all seiner zarten, leichten, gemüsigen Aromatik auf den Teller! Schon nach den ersten Löffeln stehe ich in Gedanken wieder auf dieser Mohnwiese zwischen Quinson und Allemagne-en-Provence, und auch ich könnte jetzt platzen vor Glück. À bientôt!
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