Rot, Gelb, Grün – die provencalische Ampel!
Der Frühsommer ist sie schönste Jahreszeit für Gemüse und für einen Gang über den Wochenmarkt – ob in der Provence, im Süden Italiens oder bei uns zuhause. Noch gibt es den zarten Spargel, da liegt schon der erste Knoblauch in dicken, violetten Knollen und die ganzen jungen Gemüse machen Lust auf ein großes Aioli. So nennt man es, wenn im Süden Frankreichs all diese frischen, guten Sachen roh, kurz pochiert oder gedünstet auf dem Tisch stehen, wenn dazu eine würzige Knoblauchsauce bereitet wurde und der Rosé in der Sonne glitzert. Zu einem solchen Aioli machten mein Freund Matthias und ich für unsere Frauen gleich drei Saucen, die man mit ihren kräftigen Farben Rot, Gelb und Grün auch eine “provencalische Ampel” nennen könnte. Oder wegen des vielen Knoblauchs das Trio Infernal. Und das ging so:
(für vier Personen)
Beilagen:
Eine große Handvoll zarte, grüne Bohnen
Ein kleiner Bund grüner Spargel
Ein Blumenkohl, in Röschen zerlegt
8 Karotten, geschält
Ein Schälchen Wachteleier, in 4 Minuten hart gekocht
4 Brüste vom Maishuhn für den Grill
Für die Aioli-Sauce:
½ mehlig kochende Kartoffel, gekocht, geschält, abgekühlt und mit einer Gabel zerdrückt
2 Knoblauchzehen geschält
2 Eigelb, auf Zimmertemperatur
250 ml Olivenöl
Salz
Pfeffer
Für die grüne Knoblauchcrème:
250 g Knoblauchzehen, geschält
250 ml Sahne
1 Bund glatte Petersilie, sehr, sehr fein gehackt
1 Kästchen Kresse, ebenso fein gehackt
1 Zweig Bohnenkraut
30 g Butter
Salz
weißer Pfeffer
Für die rote Anis-Sauce:
200 g gegarte rote Bete
4 EL Rotweinessig
1 TL Zucker
2 EL Crème Fraîche
180 ml Sahne
1 Sternanis
1 EL Ricard oder Pastis
Salz
weißer Pfeffer
Als erstes kommt die Sauce Aioli dran. Den Knoblauch im Mörser zu einem Brei zerstoßen. Die zerdrückte Kartoffel und das Eigelb zugeben und mit dem Stößel gut vermengen. Jetzt in einem dünnen Strahl das Olivenöl angießen und mit dem Stößel einarbeiten, bis die Sauce im Mörser langsam fest wird. Jetzt noch salzen und pfeffern – fertig.
Die grüne Knoblauchcrème bedeutet für den Koch deutlich mehr Aufwand. Die 250 g Knoblauchzehen sind etwa anderthalb dicke Knollen! Das wirkt etwas einschüchternd, aber völlig grundlos, denn der Knoblauch wird so vorbehandelt, dass er hier eher wie ein Gemüse verarbeitet wird und seine Schärfe fast völlig verliert. Aber es ist natürlich immer noch Knoblauch ?
Die geschälten Zehen in anderthalb Litern kaltem Wasser aufsetzen, das Wasser zum Kochen bringen und darin zwei Minuten blanchieren. Das Wasser abgießen und diese Prozedur noch viermal wiederholen. Bei der letzten Runde wird das Wasser leicht gesalzen. Danach den Knoblauch abtropfen lassen und beiseite stellen. Nun die Sahne leicht salzen, mit dem Zweig Bohnenkraut aufkochen, die Hitze abschalten und den Topf abgedeckt fünf Minuten abkühlen lassen. Das Bohnenkraut herausfischen, den Knoblauch zugeben und das ganze für fünf Minuten köcheln. Der Knoblauch ist jetzt weich. Nun den Topf von der Platte ziehen, kurz abkühlen lassen und die Butter stückchenweise hinzugeben, bis sie sich aufgelöst hat. Diese Mischung mit dem Pürierstab bearbeiten, so dass eine sämige Crème entsteht. Nun die feingehackte Petersilie und Kresse hinzugeben. Wer jetzt nochmal mit dem Pürierstab ran will, erhält eine hellgrüne, homogene Sauce, wir wollten es wie eine grüne Sauce aussehen lassen und haben darauf verzichtet. Mit Salz und weißem Pfeffer abschmecken und bei 70 Grad im Wasserbad warm halten.
Nun wenden wir uns der raffinierten roten Anis-Sauce zu. Dafür die rote Bete in kleine Würfel schneiden, in einen Topf geben, den Essig dazu gießen, die Prise Zucker hinzufügen, alles vermischen und mit geschlossenem Deckel 10 Minuten auf kleiner Flamme erhitzen. Danach den Deckel lüften, damit die Flüssigkeit komplett verdunstet. In einem weiteren Topf nun die Sahne mit der Crème Fraîche verrühren, mit einem Sternanis aufkochen, die Hitze abdrehen und die Sahne fünf bis zehn Minuten mit dem Anisstern ziehen lassen. Diesen dann entnehmen, einen Esslöffel Pastis hinzufügen, die Rübenwürfel in die Sahne geben und das Ganze kurz mit dem Pürierstab bearbeiten, bis sie Sauce sämig ist. Mit Salz und Pfeffer abschmecken und ebenfalls im Wasserbad bei 70 Grad warmhalten. Ja, diese Saucen machen eine Menge Arbeit. Und ja, die Küche sieht danach aus wie ein Schlachtfeld. Aber es wird reichlich belohnt!
Finale. Die Gemüse im Wasserdampf leicht garen und in Eiswasser abschrecken – sie sollen ihren Biss und die frischen Farben behalten. Parallel dazu die Hühnerbrüste auf dem Grill kräftig angrillen und dann bei indirekter Hitze gar ziehen lassen, bis sie eine Kerntemperatur von mindestens 70 Grad erreicht haben.
Währenddessen bei schönem Wetter die sommerliche Tafel im Freien decken, knuspriges Baguette aufschneiden, einen eiskalten Rosé entkorken und alles gleichzeitig servieren. So geht der Sommer mit einer provencalischen Ampel. À bientôt!
p.s.: Diese Traum-Saucen stammen von dem begnadeten Sternekoch Roger Vergé und sind seinem Buch “Meine provencalische Gemüseküche” entnommen. Dieses Werk würde ich auf jede einsame Insel mitnehmen, auf der Gemüse wächst. Im Originalrezept wird bei der roten Anis-Sauce vor dem Pürieren noch etwas Geflügelfond dazugegeben. Den haben wir im Kochrausch schlicht und einfach vergessen, aber es hat auch so phänomenal geschmeckt. Bis auf ein paar Löffelchen ist von den Saucen nichts übriggeblieben.