Mein erstes Mahl ;-)
Erwartungsvoll starrt er mich aus weit aufgerissenen Augen breit lächelnd an und sieht für einen Moment aus wie ein sehr alter Louis de Funès. Er hat mich gerade aufgefordert, an der dicken Trüffelknolle zu schnuppern, die er mit einer rostigen Handwaage und etwas dubiosen Gewichten abgewogen hatte. Der üppige Duft in meiner Nase, diese einzigartige Mischung aus Unterholz, feuchter Erde, dunkler Schokolade und Pfeffer haut mich um. Es ist Sommer 1995, und ich stehe in der baufälligen Scheune eines alten Bäuerleins hoch oben auf dem Plateau d´Albion und halte meinen ersten Trüffel in der Hand.
Ich nicke freudig, zahle, lasse mir die duftende Knolle einpacken und mache mich schnell auf den Rückweg zur Straße, wo mein Freund Jens in einem betagten VW-„Westfalia“-Camper auf mich wartet. Ich muss mich beeilen, denn gerade zieht ein mächtiges Gewitter auf. Ich schaffe es gerade noch so. Wenige Augenblicke später peitscht der Regen an die Scheiben, es blitzt und donnert wie am jüngsten Tag. Es ist Mittag, dabei stockdunkel und der Sturm rüttelt an unserem Hippiebus. An Weiterfahren ist nicht zu denken. Stattdessen schneidet Jens mit seinem schärfsten Opinel-Messer dünne Scheiben von diesem magischen Trüffel runter und zwinkert mir über den Rand seiner Nickelbrille verschwörerisch zu. Unser erster richtiger Trüffel! Pur serviert auf einem knusprigen, köstlichen Butterbrot, während um uns herum die Welt unterzugehen scheint. Danach reicht die Knolle noch für ein bisschen Rührei, während es draußen weiter stürmt. Zweifellos das schönste Gewitter meines Lebens.
Ich muss immer an diese Geschichte denken, wenn ich im Winter ab und an einen Trüffel kaufe. Denn Trüffel gehören für mich vor allem zur Winterküche, aber gerade dann, wenn es auf Weihnachten zugeht, werden sie leider auch so richtig teuer. Aber gestern habe ich trotzdem einen gekauft. 15 Gramm, ca. 25 Euro. Und dann gab es Fasanenbrust und Wachtelschenkel mit Rahmwirsing und dazu einen wunderbar intensiven Trüffeljus, und das ging so:
(2 Personen)
2 Fasanenbrüste
6 Wachtelschenkel
2 schöne, reife Feigen
Für den Trüffeljus:
1 Wintertrüffel, mindestens 15 Gramm. Mehr wäre besser. Mit dem schärfsten Messerchen in kleine Würfel von 2 mm Kantenlänge geschnitten.
200 ml Geflügelfond
3 EL dickflüssiger Geflügeljus, ersatzweise Demi Glace (gelierter, hoch reduzierter Kalbsfond)
100 ml Madeira
Salz (Fleur de Sel)
Weißer Pfeffer
Für den Rahmwirsing:
1/2 Kopf Wirsingkohl
1 große Schalotte, fein gehackt
200 ml Sahne
Muskatblütenpulver
1 Teelöffel Butter
Weißer Pfeffer
Salz
Wir beginnen mit dem Trüffelsößchen. In einer Kasserolle den Geflügelfond, den Jus und den Madeira erhitzen, die Trüffelwürfelchen zugeben und langsam einköcheln lassen. Wie weit man das einköcheln lässt, ist Geschmackssache. Ich empfehle auf die Hälfte oder etwas weniger. Nun noch mit Salz und weißem Pfeffer abschmecken. Was man da auf der Zunge hat, ist so intensiv und lecker, dass man am liebsten mit einem Baguette in der Hand vor dem Topf Platz nehmen möchte, um ihn leerzuschlecken. Machen wir aber nicht. Stattdessen mit Butter oder Speisestärke binden, Deckel drauf und warmhalten.
Nun die Fasanenbrüste in der Pfanne von beiden Seiten jeweils zwei Minuten anbraten und bei 120 Grad im Backofen in einer Auflaufform weitergaren. Bis sie eine Kerntemperatur von 65 Grad erreicht haben, dauert es noch ein wenig. In der Pfanne werden jetzt die Wachtelschenkel knusprig gebraten und kommen dann in den Backofen zu den Fasanenbrüstchen. Die Pfanne noch nicht wegräumen, wir brauchen sie noch.
Es geht weiter. Die Schalottenwürfel fünf Minuten in einem kleinen Topf in Butter hell anschwitzen, mit der Sahne aufgießen und auf die Hälfte einkochen lassen. Dann mit Salz, Muskatblüte und Pfeffer abschmecken. Wunderbar. Jetzt kommt der Wirsing dran. Er ist ein weiterer Beleg dafür, dass ich erfolgreich daran arbeite, meine alte Aversion gegen Kohl hinter mir zu lassen. Ich löse die zartgrünen Blätter, schneide die dicken weißen Rippen heraus und den Kohl sodann in 1,5 cm breite Streifen. Die koche ich anderthalb Minuten in sprudelndem Salzwasser, gieße das Ganze durch ein Sieb und schrecke die noch leicht knackigen Kohlstreifen mit kaltem Wasser gut ab. Auf Küchenpapier abtropfen lassen. Danach kommt der Wirsing zurück in seinen Kochtopf, wird mit der Sahne übergossen und kurz aufgekocht. Jetzt nochmal abschmecken, dabei mit der Muskatblüte nicht zimperlich, aber auch nicht waghalsig umgehen. Deckel drauf, Hitze aus. Und nicht die Feigen vergessen. Sie werden halbiert und in der Pfanne 2 Minuten mit der Schnittfläche nach unten bei mittlerer Hitze angebraten.
So. Die Fasanenbrust ist jetzt auf dem Punkt. Den Trüffeljus nochmal auf mittlere Temperatur hochziehen und die Teller anrichten. Dazu passt ein wuchtiger Grauer Burgunder, gern aus dem Holzfass, zum Beispiel der köstliche Hochstrandl von Krispel aus dem steirischen Vulkanland. Ach! Wie gut, dass Winter ist, bemerkte kürzlich ein kluger Mann. Recht hat er. À bientôt!
p.s.: Nächstes Mal koche ich das für Jens. Wetten, dass es dann blitzt und donnert?