Zu den Dingen, die ich leider noch nie getan habe, gehört auf jeden Fall ein Picknick in einem Olivenhain. Ich liebe diese wunderschönen Bäume. Silbrig im Wind flirrende Blätter, der knorrige Stamm – und natürlich die zuerst grünen und dann schwarzen Früchte, die im späten Sommer reichlich in den Zweigen hängen. Wenn man die ganze Mittelmeerküche in einem Begriff verdichten müsste, wäre das wohl die Olive. Niemals vergessen werde ich einen Oktober vor etlichen Jahren, als wir im Westen von Sizilien unterwegs waren. Es war die Zeit der Olivenernte. Die Ölmühlen liefen auf Hochtouren und über dem ganzen Ländchen lag dieser intensive, würzige Duft. Das frische Öl war noch ganz trüb und schmeckte ein wenig bitter und scharf. Für die Sizilianer ist dieses frisch gepresste Olivenöl ein begehrtes Saisonprodukt wie bei uns der Spargel. Die Nuancen jedes neuen Öl-Jahrgangs werden rund ums Mittelmeer genauso breit diskutiert wie in den Weinbaugebieten die Ergebnisse der jährlichen Weinlese, etwa an der Mosel oder im Burgund.
In der sonnigen Provence gibt es kein Entkommen vor der Olive: Auf tausendundeine Art eingelegt gibt es sie an den bunten Marktständen, daneben als Öl in dekorativen Flaschen, als Dekor auf opulenten Tischdecken, als Salatbesteck oder urige Schale aus dem Holz des Baumes geschnitzt. Ungekrönte Königin aller südfranzösischen Olivenprodukte ist für mich die Tapenade, die Olivenpaste. Genau genommen weist Ihr Name nicht auf die Olive, sondern auf eine andere Zutat in dieser Paste hin: „Tapeno“ ist das provencalische Wort für die kleinen, würzigen Kapern. Der dritte Hauptbestandteil der Tapenade sind Sardellen. Und was dann noch reinkommt, dafür hat jede Hausfrau zwischen Lyon und Marseille ihr eigenes Geheimrezept: Cognac, Kräuter der Provence, Senf und viele andere Optionen geben der schwarzen, glänzenden Paste ihre unverwechselbare Note. Weil sie so intensiv schmeckt, wird sie meist als Dip oder Brotaufstrich beim Aperitiv gereicht und seltener zum Kochen verwendet. Als ich kürzlich in einem meiner Lieblingsrestaurants, dem kleinen „Le Provencal“ in Sault saß, konnte ich über Kochen mit Tapenade aber wieder etwas lernen, und zwar:
Ziegenkäsetaschen mit Tapenadesauce
(Für 4 Personen als Vorspeise)
1 Rolle Blätterteig (gekauft)
12 Scheiben Ziegenkäse (von der Rolle, die mit dem kleinen Durchmesser)
12 TL Tapenade (aus dem Feinkostladen, vom Markt oder selber gemacht: drei Teile Oliven, zwei Teile Kapern, ein Teil Sardellenfilets im Mixer mit etwas Olivenöl, Kräutern der Provence, schwarzem Pfeffer und beispielsweise einem Klecks Senf zu einer sehr feinen, dichten Paste zerkleinert)
Schwarzer Pfeffer
Eine Handvoll Basilikumblättchen
1 EL Kräuter der Provence
2 Eigelb
Für die Sauce
3 kleine Schalotten, sehr (!) fein gehackt
Pflanzenöl
6 TL Tapenade
schwarzer Pfeffer
0,25 l Sahne
Zunächst den Teig ausrollen und mit einem Messerchen zwei mal längs und vier mal quer zerteilen, so dass 12 Rechtecke entstehen. Auf jedes Rechteck in die obere Hälfte eine Scheibe Ziegenkäse legen, einen gestrichenen Teelöffel Tapenade dazugeben. Mit Basilikum dekorieren, pfeffern und mit gemörserten Provencekräutern bestreuen. Nun die Taschen zuklappen, an den Rändern verkneten und die fertigen Ziegenkäsetaschen noch mit etwas Eigelb bepinseln. Jetzt ab damit auf einem Blech mit Backpapier für 20 Minuten in den auf 200 Grad vorgeheizten Ofen. Danach herausnehmen, etwas abkühlen lassen und mit einem großzügigen Klecks der Sauce servieren.
Für die Sauce zuerst die Schalotten in etwas Pflanzenöl auf niedriger Temperatur mindestens fünf Minuten andünsten. Dann die Tapenade zugeben und im Topf verrühren. Zum Schluss die Sahne angießen und alles gut vermischen, noch etwas einkochen lassen. Wie intensiv die Sauce schmecken soll, kann man durch die passende Balance zwischen Sahne und Olivenpaste selber sehr gut bestimmen. Ich fand es überraschend, die würzige Paste in diesem Sößchen zwar unverkennbar im Geschmack, aber mit deutlich entschärfter Intensität zu erleben. Die könnte ich mir auch zu zarten Lammfilets vorstellen. Oder als Dip bei einem Picknick – zum Beispiel unter Olivenbäumen. À bientôt!
p.s.: Die meisten Weine werden hier geschmacklich klar den Kürzeren ziehen: Die Tapenade hat die majestätische Hauptrolle. Deshalb passt am besten ein eigekühlter Rosé, zum Beispiel der feine Chateau des Annibals aus dem Var in der Provence, der den schönen Namen trägt: “Suivez moi, jeune homme!”. Jedes Jahr bestelle ich davon ein Kistchen, denn den gab es seinerzeit zur Hochzeit von Frau und Herrn Knauber. Es gibt ihn zum Beispiel hier: https://bit.ly/2JHF0fm
Kommentare und Diskussion bitte auf Facebook: https://bit.ly/2SqBLfj