Ente, Steinpilze und ein toller Patron
„Nein! Die gute Pfanne!“, rief Frau Knauber, und schoss quer durch das Wohnzimmer auf die offene Küche zu, in der ich gerade Steinpilze flambierte. Ihre Sorge galt unserer wunderbaren Bratpfanne von Le Creuset. Ich schwöre auf diese Pfanne, aber in der Tat ist ihre Beschichtung etwas empfindlich, so dass wir jetzt schon die dritte davon am Start haben. Doch die bläulichen Flammen waren schnell heruntergebrannt und dem guten Stück ist nichts passiert. Jetzt konnte ich mich wieder zurückträumen in die Provence, zu einer Geschichte, die für mich für immer mit einem bestimmten Gericht verbunden ist.
Im Sommer 1995 war mein Freund Jens mit einem alten VW-Bus in der Provence unterwegs. Die Reisekasse war schmal, aber er war auf der Suche nach einem nächtlichen Standplatz immer wieder an diesem malerischen Restaurant vorbeigekommen, in dem man unter Platanen und Kastanien an einem wunderschönen, plätschernden Jugendstil-Brunnen sitzen konnte. Einmal nur wollte er dort unbedingt essen, auch wenn er es sich eigentlich nicht leisten konnte. Am Nachmittag fuhr er dort vor, setzte sich auf den Platz vor dem noch geschlossenen Restaurant und begann eine Rötelzeichnung dieses hübschen Brunnens. Nach getaner Arbeit hatte Jens einen Ricard, dann bald eine Karaffe Wein vor sich stehen. Aus der Speisekarte suchte er sich das ein Menü für 110 Francs aus, mit dem man sich in fünf Gängen durch die Köstlichkeiten dieses Landstrichs am Fuße des Mont Ventoux schlemmen konnte.
Jensis Zeichnung von dem kleinen Platz muss wohl recht gut gewesen sein: Der Wirt brachte ihm zum Ende einen Espresso aufs Haus, begleitet von einem schönen Marc de Gigondas an den Tisch, und als Jens nach der Rechnung fragte, sagte der Patron: „Wenn Sie mir das Bild überlassen, sind wir quitt!“ Jens konnte seine Freude kaum fassen! Auf dem Weg zur Toilette bemerkte er, dass an den Wänden viele Bilder und Zeichnungen von diesem pittoresken Dorf hingen, in unterschiedlichsten Techniken und Farben. Der Patron hatte wohl eine Schwäche für Künstler, die sich für sein Dorf begeisterten und musste wohl schon viele Mahlzeiten gegen Kunst eingetauscht haben. Als Bürgermeister hat Monsieur Gabert in den kommenden Jahren dann das Dorf mustergültig restauriert, etliche Künstler mit ihren Ateliers angezogen, Ausstellungen und auch einen regelmäßigen Antiquitätenmarkt organisiert. Monieux, so der Name des kleinen Ortes, ist dabei fast zu so etwas wie eine Mini-Ausgabe von Gordes geworden. Heute kocht der Patron nicht mehr selbst, aber er hat einen versierten Koch eingestellt und man sitzt dort immer noch so lauschig wie damals unter den alten Bäumen mit ihren Lichterketten und den schön angestrahlten alten Mauern des mittelalterlichen Dörfchens. Ein Gericht aus dem Menü für 110 Francs war eine knusprige Entenkeule mit Steinpilzen:
(für 2 Personen)
2 Entenkeulen
400 ml Entenfond (selbst gemacht oder gekauft, dann aber Top-Qualität)
30 g Steinpilze, getrocknet
8 EL Cognac oder Marc de Bourgogne
60 ml Sahne
1 TL Kräuter der Provence, getrocknet
1 kleine Zehe Knoblauch, fein gewürfelt
1 Schalotte, fein gehackt
Fleur de Sel
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Die Steinpilze in lauwarmem Wasser ca. 45 Minuten lang einweichen. Dann abgießen, die Flüssigkeit aber auffangen und auf die Menge einer Espressotasse einkochen. Pilze und Pilzsud beiseite stellen.
Die Entenkeulen in einer Pfanne bei mittlerer Temperatur von beiden Seiten goldgelb anbraten. Dann im geschlossenen Gusstopf in den auf 200 Grad vorgeheizten Backofen schieben. Da bleiben sie jetzt für anderthalb Stunden, für die letzte halbe Stunde den Deckel abnehmen.
In der Pfanne nun die Steinpilze bei mittlerer Hitze anbraten, Schalottenwürfel und Knoblauch dazugeben und 5 Minuten lang anschwitzen lassen, das Ganze mit dem Cognac flambieren, die Ehefrau beruhigen und den Fond angießen. Jetzt kommen auch die Kräuter der Provence hinzu. Diese Saucenbasis auf die zwei Drittel einkochen lassen. Die Sahne in drei Etappen angießen und die Sauce immer wieder einkochen lassen. Dann den Pilzsud dazugeben und mit Salz und Pfeffer abschmecken. Wir haben jetzt ein unerhört cremiges Sößchen, das das Aroma der Steinpilze mit dem vollmundigen Geschmack des Entenfonds ideal verbindet. Nun noch ein wenig binden, Deckel drauf und auf niedrigster Hitze warm halten. Die Entenkeulen wenige Minuten kross im Backofen übergrillen. Jetzt wird serviert. Dazu gibt es einen schönen Gigondas von der Domaine du Gour de Chaulé. À bientôt!
p.s.: Frau Knauber liebt das kleine Restaurant heute genauso wie ich, und mit diesen Entenkeulen träumen wir uns gerne an diesen zauberhaften Ort zurück. Dafür kann man auch Opfer bringen, und wenn es nur die Angst um eine teure Pfanne ist.
Hier ein paar schöne Impressionen von diesem einmaligen Ort: https://www.restaurant-les-lavandes.fr/assets/medias/presentation_v2.mp4