Wildschwein trifft Kohlkopf
Frau Knauber ist in einem September geboren. Und auch beim Essen ist sie ein echtes Herbstkind: Hühnersuppe macht sie selber hervorragend, und geradezu enthusiastisch reagiert sie auf Schmorgerichte – und ja, vor allem auf Kohl. Ich gestehe, dass Kohlgerichte nie zu meinen Favoriten gehörten, was sich aber unter der ebenso liebevollen wie energischen Regie von Frau Knauber über die Jahre geändert hat. Als sie kürzlich Kohlrouladen fürs Wochenende ins Gespräch brachte, erinnerte ich mich an ein Rezept, das ich vor längerer Zeit gelesen, aber noch nie in der Küche umgesetzt hatte: Krautwickel vom Wildschwein mit Röstgemüse in einer Bier-Kümmel-Sauce. Und das ging so:
(Für 4 Personen)
Für die Krautwickel:
500 g Wildschweinrücken
1 dunkles Brötchen vom Vortag
100 ml Milch, lauwarm
100 g Speck (ich habe zart geräucherten italienischen Guanciale aus der Schweinebacke verwendet)
2 Eier
2 EL gehackte Petersilie
5 EL Semmelbrösel
1 Zwiebel, fein gewürfelt und glasig gedünstet
1 Prise Muskatblüte (Pulver)
1 EL Majoran
2 EL Kümmelsamen
6 große Blätter vom Weißkohl, blanchiert
2 EL Fleur de Sel
Weißer Pfeffer
Für die Sauce:
300 ml Kalbsfond
150 ml Wildfond
300 ml Bier
1 kleines Stück zartbittere Schokolade
Fleur de Sel
Weißer Pfeffer
Für das Röstgemüse:
8 kleine Kartoffeln (Grenaille), geviertelt
4 Karotten, geschält und in 4 Teile geschnitten
6 kleine Zwiebeln oder Schalotten, geschält und halbiert
10 Selleriewürfel, Kantenlänge 4 Zentimeter
Fleur de Sel
Weißer Pfeffer
Pflanzenöl
Das Brötchen würfeln und eine halbe Stunde in der lauwarmen Milch einweichen. Den Wildschweinrücken von Fett und der Silberhaut befreien, in 1–2 cm dicke Scheiben schneiden. Den Speck grob würfeln. Nun das Fleisch mit der mittleren Scheibe wolfen, die ausgedrückten, zuvor eingeweichten Brötchenwürfel dabei mit in den Fleischwolf geben. Das Hack nun mit den übrigen Zutaten und Gewürzen vermischen, dabei gut durchkneten. Vorsicht mit der Muskatblüte, es sollte nur ein Hauch sein! Anschließend sechs gleich große Kugeln aus der Masse formen und diese in jeweils ein Kohlblatt einwickeln. Die Krautwickel dann mit Rouladennadeln fixieren.
In einem großen Bräter nun das Gemüse anrösten, bis es schön Farbe angenommen hat und mit Salz und Pfeffer würzen. Dann auch die Krautwickel anbraten und eng nebeneinander in den Bräter zum Röstgemüse setzen, mit dem Kümmel bestreuen. Mit dem Fond aufgießen und 50 Minuten in dem auf 200 Grad vorgeheizten Backofen (Ober- und Unterhitze) garen. Nach 15 Minuten und noch einmal nach 30 Minuten das Bier schrittweise zugeben.
Jetzt kommt das Finale. Den Bräter aus dem Backofen ziehen, Krautwickel und Röstgemüse warmstellen, die Sauce in eine Kasserolle umgießen und einkochen lassen. Mindestens um ein Drittel. Die Schokolade zugeben, damit sie sich in der Sauce auflöst. Die Sauce nun abschmecken. Ist sie zu intensiv, noch einen Schuss Sahne oder einen Löffel Creme Double dazugeben und mit Speisestärke binden.
Vor mir auf dem Teller war nun das perfekte Herbstessen: deftig, duftend und köstlich. Und mir gegenüber saß eine herbstlich glückliche Frau Knauber. Zu diesem schönen Gericht passt ein Rotwein mit Rückgrat, also ein guter Spätburgunder oder auch ein Cahors. À bientôt!
p.s.: Frau Knauber hat mir gezeigt, wie man die Kohlblätter vom Kohlkopf löst, ohne dass sie dabei einreißen. Sie gibt dafür den kompletten Kohlkopf einige Minuten in einen großen Topf mit kochendem Wasser. Danach lassen sich die aromatischen Blätter gut abziehen und sind auch elastisch genug, um später das Wildschwein-Hack darin einzuwickeln. Aus dem restlichen Kohl zauberte sie uns dann ein köstliches, sahniges Kohlgemüse.