Über Pulpo und Fensterputzen
Hätte ich heute früh nicht leichtfertig zugesagt, die Fenster zu putzen, müsste ich mir jetzt nicht alles mögliche ausdenken, um den Beginn dieser Tätigkeit immer weiter hinauszuschieben. Zum Beispiel durch Schreiben. Vor einer Woche hätte noch niemand an Fensterputzen gedacht, da peitschte der letzte Schneeregen auf Berlin nieder. Auch in der Küche hätte man da eher noch einmal den großen Schmortopf angeworfen. Mit dem Sonnenschein wandelt sich aber bei mir sofort die Küchenphantasie. “Hast den Akku vom Fenstersauger schon aufgeladen?” fragt Frau Knauber jetzt und reißt mich wieder aus meinen Gedanken. Ich denke nämlich gerade an den Pulpo, den ich gestern Abend gemacht habe:
1 kg Pulpo, das sind etwa vier Tentakelbeine
1 Bund Suppengemüse, grob zerkleinert
1 kleine Zwiebel, feingehackt
50 g Butter
2 Zehen frischer Knoblauch, sehr fein gehackt oder im Knoblauchschneider fein gewürfelt
1 kleines Bund Petersilie, feingehackt (kraus oder glatt, geht beides, ich bevorzuge hier die krause)
10 Cocktailtomaten, halbiert
1 EL Piment d’ Espelette oder Chiliflocken
Fleur de sel
1 Zitrone, halbiert
Das Gemüse mit anderthalb Liter leicht gesalzenem Wasser aufsetzen. Den Pulpo mit einem scharfen Messer so zerteilen, dass die vier Beine nicht mehr zusammenhängen, sondern einzeln im Gemüsesud schwimmen können. Sie werden jetzt eine gute Stunde sehr zart geköchelt und dürfen dann noch eine halbe Stunde mit dem Gemüsesud abkühlen. Da praktisch alle Kraken im Handel zuvor tiefgefroren waren, ist er nach dieser Behandlung butterzart. Mit Küchenpapier einmal gründlich jedes Bein abstreifen, dann ist die dunkle Haut verschwunden und vier makellose Tentakel liegen vor uns.
In einer Kasserolle wird jetzt die Butter geschmolzen. Auf niedriger Temperatur kommen jetzt Zwiebel- und Knoblauchwürfel sowie die gehackte Petersilie hinzu. Nach 10 Minuten abdrehen. Die Küche duftet jetzt köstlich nach dieser leckeren Persillade. Pulpo müsste man sein.
In einer Pfanne etwas neutrales Pflanzenöl erhitzen und die Tentakel von beiden Seiten kräftig anbraten, das gibt sensationelle Röstaromen. Die Temperatur jetzt runterdrehen und die Tomätchen mit der Schnittfläche in die Pfanne setzen. Nach zwei Minuten die Knoblauch-Butter-Mischung dazu geben und alles zusammen nochmal etwas hochziehen. Ein wenig Fleur de sel und das Piment d’Espelette hinzugeben. Fertig. Aber noch nicht ganz. Ein Buttersößchen, das ist nie leicht. Deshalb träufele ich vor dem Servieren noch großzügig Zitronensaft über den Pulpo. Ihr werdet staunen, wie wunderbar sich die Butter mit dem Zitronenaroma verbindet. Der buttrige Knoblauchgeschmack und die frische der Zitrone geben diesem Teller gemeinsam den letzten Kick. Dazu mache ich ganz kleine Gnocchi, die so groß sind wie Kichererbsen und deshalb Cicchette heißen. Und weil jetzt wirklich Frühling ist, gibt’s dazu einen Rosé aus Tavel. So. Und jetzt muss ich wohl. Ihr wisst schon. À bientôt!
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