Kein scheues Reh – das Weihnachtsgulasch
Weihnachten ist jedes Jahr. Aber an manche Weihnachtszeit denkt man besonders gerne zurück. An mein vielleicht schönstes Weihnachtsfest denke ich bei diesem dritten Teil des diesjährigen Weihnachtsmenüs. Es war gewissermaßen ein Geschenk meiner Schwiegereltern: Der Winter 2010/11 war kalt und es schneite wie verrückt. Frau Knaubers Eltern hatten ein großes Haus im Erzgebirge gemietet und das war mit fünf Apartments groß genug für uns alle: Die Schwiegereltern, Frau Knauber und mich, Frau Knaubers Schwester mit Baby und Mann, die Eltern des Mannes und meine Mutter.
Es war ein Weihnachtstraum im glitzernden Schnee, mit herzlichen Menschen, einem großen Tisch voller Köstlichkeiten – und mit ein wenig Abenteuer: An Heiligabend waren wir eingeschneit und kein Auto kam mehr die Einfahrt hoch. Aber wir hatten ja uns. Und jede Menge Vorräte.
Am ersten Weihnachtstag, hatte ich angekündigt, wollte ich kochen. Wildgulasch. Da wir selbst mit dem Zug fuhren, hatte ich Lutz, den Mann von Frau Knaubers Schwester, gebeten, meine Zutaten in seinem Kombi aus Berlin mitzunehmen. Nur eine kleine Box. Ich weiß nicht, ob ich Lutz jemals wieder darum bitten sollte, etwas für mich mitzunehmen: Zwischen Magnumflaschen, Fleisch, Gemüse und Fonds war sicherlich kaum noch Platz für das eigene Gepäck und die Babysachen. Deshalb: Nochmal Danke, Lutz, und: sorry. Wildgulasch ist perfekt zu Weihnachten und in diesem Jahr gibt es ein Rehgulasch mit einem Hauch von Lebkuchengewürz. Mit den angegebenen Mengen reicht es in einem mehrgängigen Menü für 6 bis 8 Personen.
2 kg Rehkeule, pariert und in Würfel von 5 cm Kantenlänge geschnitten
200 g Karotten, geschält und mittelfein gewürfelt
200 g Sellerie (Knolle) mittelfein gewürfelt
1 kleine Zwiebeln, geachtelt
200 ml Tawny Port
2 EL Tomatenmark
2 EL Demi Glace (konzentrierter Kalbsfond)
3 EL Terijaki-Sauce
Schwarzer Pfeffer
Fleur de Sel
1 TL Lebkuchengewürz (Rimoco)
2 Pimentkörner
Für die Marinade:
6 Schalotten, geschält und geviertelt
3 Karotten, geschält und grob zerteilt
6 Wacholderbeeren
8 Pfefferkörner, schwarz
2 EL Kräuter der Provence
3 Lorbeerblätter
Abgeschälte Schale einer Orange (breite Streifen, keine Zesten)
1 Flasche Spätburgunder
Am Vortag die Fleischwürfel mit der Marinade bedecken und kaltstellen. Am nächsten Tag das marinierte Fleisch in ein Sieb über einer Schüssel gießen, abtropfen lassen und die Flüssigkeit aufheben. Orangenschale, Wacholder, Lorbeer und Pfefferkörner sowie die Schalotten und Karottenstücke entfernen. Lorbeer und Wacholder können später wieder verwendet werden.
Die Rehwürfel trockentupfen und portionsweise in einem Bräter in Pflanzenöl scharf anbraten, damit sie Farbe annehmen. Danach bei mittlerer Temperatur die gewürfelten Karotten, die Selleriewürfel und die Zwiebelspalten auf mittlerer Hitze 10 Minuten sanft andünsten. Dann die Hitze hochziehen, Tomatenmark zugeben und anbraten. Das Ganze nun mit einem Teil des Portweins ablöschen. Etwas einkochen lassen und dies wiederholen, bis der Portwein aufgebraucht ist.
Nun das Rehfleisch, den Lorbeer aus der Marinade, 2 Pimentkörner, 4 Wacholderbeeren, einen EL Fleur de Sel, etwas Pfeffer und das Lebkuchengewürz hinzufügen, mit der Marinade-Flüssigkeit aufgießen und anderthalb Stunden bedeckt leise köcheln lassen. Zeit, um Rotkraut anzusetzen oder andere Gänge des Weihnachtsmenüs vorzubereiten. Nach dieser Zeit, die problemlos auch 30 Minuten länger sein darf, werden die Fleischwürfel aus der inzwischen intensiv duftenden Sauce gehoben und warmgestellt. Die Sauce wird nun eingekocht, mindestens 10 Minuten. Dann wird abgeschmeckt. Jetzt ist alles erlaubt. Salz und Pfeffer sowieso, ein paar Esslöffel Demi Glace, noch etwas Lebkuchengewürz und in diesem Fall gab ich auch einen kleinen Schuss Terijaki-Sauce dazu, um dem Gulasch etwas mehr Tiefe zu geben.
Perfekt? Dann die Sauce binden, das Fleisch wieder zugeben und ohne Deckel auf niedrigster Stufe warmhalten. Kurz vor dem Stollen servierte ich dieses Gulasch mit kleinen Klößen am Ende eines ziemlich langen Menüs und dachte, alle würden die Waffen strecken. Irrtum. Fast alle Teller wurden genussvoll geleert. Denn was wir hier auf dem Teller haben, ist kein scheues Reh, sondern ein Wildgericht, bei dem sich Fleisch, Rotwein, Portwein und weihnachtliche Aromen wundervoll verbinden. Dass dieses Rehgulasch am nächsten Tag noch viel besser schmeckte, führt mich zur Empfehlung, es schon am Tag vor dem Festessen zuzubereiten.
Dass Euer Weihnachtsfest durch ein Gulasch für alle unvergesslich wird, kann ich nicht versprechen. Aber mit einem Gulasch und den richtigen Menschen am Tisch ist man schon auf einem guten Weg. À bientôt und frohes Fest!