Die Spürnase
Mein Vater war kein großer Gourmet. Aber er liebte gute Hausmannskost. Und er hatte eine feine Spürnase dafür, wo man sie findet. Das Schild „Gasthaus Metzgerei“ an der Fassade eines Hauses konnte ihn regelrecht elektrisieren. Diese Form der Gastronomie ist heute leider weitgehend verschwunden, weil die EU-Vorgaben für Schlachtbetriebe mit den Jahren von den kleinen Metzgereien nicht mehr erfüllt werden konnten. An der Mosel vom Saarland bis hinauf nach Koblenz hatte mein Vater eine innere Landkarte, wo sich rechts und links des Flusses die besten Gasthaus-Metzgereien befanden. Um so einen Laden zu besuchen, war ihm bei unseren häufigen Vater-Sohn-Touren kein Umweg zu weit. Und was war das für ein herrlicher Duft aus der Wurstküche, wenn man ein solches Lokal betrat! Da in diesen Häusern stets Montag der Schlachttag war, gab es dort dienstags immer frische Leber auf der Speisekarte. Meist mit Zwiebeln, aber auch – mit Salbei. Ich liebte es. Das tue ich im Prinzip heute noch, aber bei allem, was uns verbindet, hat Frau Knauber zu Leber leider eine völlig gegenteilige Einstellung als ich. Leber ist also selten geworden auf meinem Teller. In meinem Freund Matzi fand ich aber kürzlich einen geeigneten Mitstreiter an einem unserer wunderbaren Kochnachmittage für dieses ebenso köstliche wie einfache Zwischengericht: Hähnchenleber mit Salbeibutter.
(Für 2 Personen)
400 g Hähnchenleber, küchenfertig geputzt
20 g Salbeiblätter (am besten kleine und mittelgroße Blätter)
150 g halb gesalzene französische Butter
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle (Malabar)
Fleur de Sel
Entscheidend für dieses Gericht ist die Geduld bei der Herstellung der Salbeibutter. Hierfür die Butter in einem kleinen Topf bei mittlerer Temperatur schmelzen lassen. Dann die Salbeiblätter hineingeben und bei niedriger Hitze garen. Wichtig ist, dass die Butter nicht verbrennt. Zugleich brauchen wir aber genug Hitze, um den Salbei langsam zu frittieren. Bei diesem Prozess geht sein Geschmack allmählich in die Butter über, und nach 15, eher 20 Minuten werden die Blätter knusprig. Man merkt das, wenn man sie mit einem Holzlöffel vorsichtig in der flüssigen Butter bewegt. An diesem Punkt die Pfanne mit der Salbeibutter vom Kochfeld ziehen und beiseite stellen.
Die Hähnchenlebern gut trocken tupfen, salzen, pfeffern, leicht in Mehl wenden und in einer Pfanne bei größerer Hitze von beiden Seiten braten, bis sie gar sind. Auf einer Servierplatte anrichten, nochmal mit der Pfeffermühle drübergehen und die Salbeibutter mit den knusprigen Blättchen darüberlöffeln. Fertig. Dazu ein Glas Grauer Burgunder von der Mosel, zum Beispiel von Petgen Dahm, aus dem Barrique. Auch mein Vater hätte sicher Spaß an diesem Teller gehabt! À bientôt!
p.s.: Unsere liebste Gasthaus-Metzgerei bei unseren Vater-Sohn-Touren war immer das Haus „Winandy“ in der Obermoselgemeinde Perl. Heute wird dort zwar auch nicht mehr selber geschlachtet, aber die Hausmannskost ist immer noch erstklassig, und das Lokal zieht auch heute zu Recht immer noch viele Stammgäste aus Frankreich, Luxemburg und Deutschland an. Ich freue mich auf den nächsten Besuch, es ist schon wieder viel zu lange her!