Bombenstimmung? Schwein gehabt!
Was muss passieren, damit Frau Knauber blondgelockt headbangend und auf der Grillpfanne Luftgitarre spielend durch die Küche hüpft? Lest es selbst. Wir sind in Apulien. Es muss mit der Sonne zu tun haben. Oder mit der Luft. Oder mit der eigenen Stimmung im Urlaub. Wahrscheinlich von allem etwas. Und wenn das zusammenkommt, dann ist man an einem Ort, wo sich alles ein gutes Stück intensiver, klarer, besser anfühlt, als nördlich der Alpen. Und das macht unendlich gute Laune. Die Farbe des Himmels, das Blau des Meeres, das sich im Tageslauf von überirdischem Azur zu silbrig-hell verwandelt. Der Geschmack eines lauen, salzigen Windes, der sanft von der Adria über die Dächer weht. In einer solchen Gegend sind häufig auch die leckeren Dinge so gut, klar und intensiv wie das Land, das sie hervorbringt.
Neulich stand ich nach einem Jahr endlich mal wieder in der Metzgerei Perricci. Nach dem allgegenwärtigen Fisch musste jetzt Abwechslung auf den Teller. Zu den Strozzapreti (schlanken, kurzen, leicht gedrehten Hartweizennudeln) sollte es eine intensive Tomatensauce geben und noch ein Extra. Und das fand ich in Perriccis Vitrine in Form von „Bombette“, kleinen Röllchen vom Schweinenacken mit einer köstlichen Salsiccia-Füllung. Am Ende des Abends hatten uns diese Bömbchen buchstäblich in Bombenstimmung versetzt. Und so kommt man in diesen Zustand:
Für die Bombette:
20 sehr dünne Scheiben vom rohen Schweinenacken, vom Metzger etwas dicker geschnitten als für Carpaccio
2 grobe Salsicce mit dezenter Kräuternote, Brät ausgelöst und zum Kochen bereitgestellt
4 EL Balsamico
Für die Tomatensauce:
Eine große Dose geschälte Eiertomaten im eigenen Saft
eine Handvoll der besten verfügbaren Trockentomaten, grob gehackt
eine sehr reife Paprikaschote, gewürfelt
10 Kirschtomaten, geviertelt
eine dicke rote Zwiebel, fein gehackt
3 dicke Zehen Knoblauch, fein gehackt oder durch den Knoblauchschneider gedreht
2 EL getrockneter Oregano
6 EL Pflanzenöl zum andünsten der Zwiebeln
3 EL Honigessig
1 EL Zucker
1 1/2EL Salz
1 TL scharfes Piment (habe ich im Juni auf einem Markt in Südfrankreich von einem besessenen und leicht manischen Schotenzüchter aus Monteux im Vaucluse gekauft. „Vergessen Sie Espelette!“, rief er mir noch nach und lachte dabei leicht irre. Ich verreise seitdem nicht mehr ohne eines der kleinen Gläschen mit diesem explosiven Gewürz. Peperoncinopulver aus Italien kommt ersatzweise geschmacklich in die Nähe.)
Für die Bombette die Nackenscheiben auslegen, in der Mitte dünn mit der Bratwurstmasse bestreichen und zusammenrollen. Sie sehen jetzt aus wie Micro-Rouladen und bekommen eine gute Prise schwarzen Pfeffer aus der Mühle ab. Malabar. Auch die Mühle ging diesmal mit auf Reisen.
Für die Tomatensauce die Zwiebelwürfel in Öl auf mittlerer Hitze 15 Minuten anschwitzen, ohne dass sie Farbe nehmen. Nach der Hälfte der Zeit den Knoblauch zugeben. Am Ende der Viertelstunde ist mit Geduld und milder Hitze der Grundstein für eine leckere Tomatensauce gelegt. Mit dem Honigessig ablöschen. Jetzt die Dosentomaten, Trockentomatenstücke, Paprikawürfel, Oregano und Zucker und Salz zugeben und bei halb aufgelegtem Deckel mindestens eine halbe Stunde, gerne länger, köcheln lassen. Immer wieder umrühren und die Dosentomaten dabei mit dem Kochlöffel zerteilen. Zuletzt mit Salz und dem magischen Piment abschmecken, die Tomatenviertel unterrühren. Hitze abstellen und mit geschlossenem Deckel bereitstellen fürs große Finale.
Und das beginnt jetzt. In einer großen Grillpfanne 4 EL Pflanzenöl heiß werden lassen und die schnell noch leicht gesalzenen Bombette von allen Seiten scharf anbraten. Das dauert maximal drei Minuten. Wenn sie schöne Röstmarkierungen haben, aber noch ein wenig elastisch sind, sind sie perfekt! Die heiße Pfanne mit etwas Balsamico ablöschen, fertig. Wer es ausprobiert, wird mir zustimmen: Bombette sind kleine, geniale Stimmungsbömbchen und hat man eines dieser knusprigen Röllchen probiert, will man sie alle.
Wir tranken dazu einen kühlen Rosé von Faraona aus Castel del Monte und hörten das im letzten Jahr erschienene Album „Egypt Station“ von Paul McCartney. Das letzte Stück heißt „Hunt you down“. Und das war dann der Moment für Frau Knauber und ihre Luftgitarre. À bientôt!
p.s. „Muss ich jetzt auch noch durch die Küche hüpfen?“ fragte Frau Knauber mit hochgezogenen Augenbrauen beim Gegenlesen dieses Postings. „Du bist gehüpft“, gab ich etwas zaghaft zurück. „Na gut.“
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