Ostern kann kommen!
Einmal über den Wochenmarkt in Saarlouis. Das heisst: Ordentlich Zeit mitbringen. Wegen der ganzen Bekannten, denen man an diesem zentralen Ort meiner Heimatstadt über den Weg läuft. Man kennt sich, auch wenn ich schon seit 20 Jahren nur noch Besucher hier bin. Dieser Platz heißt nicht zufällig “großer Markt”, denn neben der Tatsache, dass Saarlouis auch einen “kleinen Markt” hat, findet hier der Wochenmarkt statt. Mit meinem Freund Günter gibt’s jetzt erstmal eine Saarlouiser Currywurst. Dann zum Gemüsestand der Wahl. Der Einkaufszettel ist Makulatur, als ich die Auswahl, die Qualität sehe. Am Ende schleppen wir für einen höheren zweistelligen Betrag Spargel, Löwenzahn, Kartoffeln, Obst, Erdbeeren und viele viele andere feine Sachen zum Auto. Günter ist leicht fassungslos. Noch zweimal laden wir an diesem Mittag unsere, vielmehr: meine Einkäufe am Auto ab.
Dann sitzen wir in der Sonne auf der Schlächterstraße und trinken bei Berthold ein frisch gezapftes Export für 2 Euro. Wir gucken fröhlich Kleinstadt, werden nett gegrüßt und freuen uns schon auf das zweite Export. Die Leute schlendern an den Schaufenstern vorbei, bleiben für ein Schwätzchen stehen und im Hintergrund bauen die Marktleute ihre Stände ab. Für einen Moment frage ich mich, warum in Berlin bloß immer alle so ernst sind, so wenig Zeit haben und so schnell rennen müssen. Heimweh. Bevor ich jetzt rührselig werden kann, spazieren wir durch den Sonnenschein zum Auto zurück und bringen die wundervollen Einkäufe nachhause. Jetzt kann Ostern kommen.
Höhepunkt wird ganz bestimmt der gelbe Löwenzahn. Als kleine Karfreitagssünde mit Speck und pochiertem Ei. Oder doch die Jakobsmuscheln mit wildem Spargel? Dazu ein andermal mehr, ich muss jetzt in die Küche. Dringend. Da bin ich dann ganz inoffiziell ein bisschen rührselig, aber verratet mich nicht. À bientôt!
A 13. April 2017 @ 18:25
Der Beweis:
„Berlin ist heute ein Sanatorium voller junger Menschen, die dauernd gehetzt sind, obwohl sie nichts vorhaben“ (DER SPIEGEL, 27/2015, S.117)