Eine Porchetta für die Götter
Ein unvergleichlicher Ort ist die Piazza Rotonda im ewigen Rom. Das 2000 Jahre alte Pantheon beherrscht mit seinen tonnenschweren Säulen den Platz, und rund um diesen Tempel aus der Antike pulsieren in quirliger Eintracht das römische und das touristische Leben. Hier sitze ich gern stundenlang vor der “Tempio Bar“, trinke einen Weißwein aus Latium und schaue dem Treiben zu. Wenn das Tageslicht weg ist, wird es fast mystisch. Der Tempel ist jetzt stimmungsvoll angestrahlt, noch besser sieht man so die verwitterte Oberfläche, scharf zeichnet das Licht die gemeißelten Inschriften nach. Das Kopfsteinpflaster glänzt und langsam verebbt das Tosen der Menschenmassen, die zu jeder Jahreszeit über das Centro Storico herfallen. Beim letzten Glas mit Blick auf das Pantheon und den nun fast stillen Platz kommt man nicht umhin, Ehrfurcht vor diesem einzigartigen Ort zu empfinden. Das Pantheon wird sich noch über Rom wölben, wenn wir alle lange, lange vergessen sind.
Aber wie ein alter Freund von mir immer sagt: „Es gibt ein Leben vor dem Tod!“. Und um uns daran zu erinnern, haben die Götter an diese himmlische Piazza auch die „Antica Salumeria“ platziert, eine uralte Metzgerei mit Feinkosthandel. Definitiv einer der verrücktesten Orte der Welt: Es duftet hier wie im Schlaraffenland, zu Dutzenden hängen die Parmas und San Danieles von der Decke. Es stapeln sich riesige Laibe Parmesan und Peccorino, Würste, Brote, Gewürze, Pasteten, Marmelade. Es gibt hier buchstäblich alles, und zwar auf engstem Raum und in unglaublichen Mengen. Und es gibt: Eine himmlische Porchetta, deren üppige, würzige Saftigkeit in einer ähnlichen Ewigkeits-Liga spielt wie der Tempel nebenan. Porchetta ist ein Rollbraten vom Schweinebauch, gefüllt mit Kräutern und vielen anderen feinen Sachen. Bei der Füllung gibt es in Rom und Latium in jedem Dorf und jeder Familie eine andere Variation. Ich mache sie so:
(Für vier Personen)
1 Kg-Stück vom Iberico-Schweinenacken (Schweinebauch wäre eigentlich richtig, der Nacken ist aber ähnlich saftig)
150 g Gehacktes vom Schwein
4 Scheiben italienische Mortadella
150 g Hähnchenleber, fein gewürfelt
1 dicke rote Zwiebel, fein gewürfelt
3 EL Kräuter der Provence, fein gemörsert
1 Kleine Handvoll Rosinen, einige Stunden in etwas Marsalla eingelegt
1 Handvoll Pinienkerne, in der Pfanne zart angeröstet
2 EL Fenchelsamen, in der Pfanne zart angeröstet
1 kleines Glas Weißwein zum Ablöschen der Füllung
1 Tasse Bratenfond
8 EL Marsalla, notfalls Madeira
Zesten von einer Zitrone
Schwarzer Pfeffer (Mélange noir von Ingo Holland)
Fleur de Sel
Die Nackenrolle von außen nach innen längs dünn mit einem scharfen Messer aufschneiden, so dass ein breiter Streifen Fleisch entsteht. Das Fleisch nun salzen und Pfeffern, dabei die Gewürze kräftig einmassieren, danach mit etwas Marsalla beträufeln und ruhen lassen.
In einer Pfanne bei mittlerer Temperatur die Zwiebeln anschwitzen. Nach 5 Minuten die Leberwürfel zugeben und kurz danach das Hackfleisch. Salzen und pfeffern, in Bewegung halten und alles einige Minuten bei etwas größerer Hitze braten und die gemörserten Provencekräuter sowie die Fenchelsamen dazugeben. Dann mit dem Weißwein ablöschend zuletzt Rosinen, Pinienkerne und Zitronenzesten hinzufügen, dann die Pfanne beiseite stellen.
Die Füllung etwas abkühlen lassen und danach auf dem Fleisch großzügig verstreichen. Nun die Füllung mit einigen Scheiben Mortadella bedecken, das Fleisch wieder aufrollen und mit Metzgergarn in Form einer stabilen Rolle binden. Das köstliche Stück jetzt auch von außen salzen, pfeffern und mit Olivenöl einreiben. Zuletzt nur noch rundum anbraten, etwas Bratenfond und Weißwein angießen und dann in einem offenen Bräter für zweieinhalb Stunden in den auf 150 Grad vorgeheizten Ofen schieben. Drei Stunden schaden auch nicht.
Nach der Garzeit die Porchetta aus dem Ofen nehmen, mit Alufolie abdecken und den Bratensaft abgießen. Der wird jetzt reduziert, aber eigentlich muss man nicht mehr viel tun, das Sößchen ist ganz von selbst entstanden, vielleicht hatten Jupiter und Bacchus ganz diskret ihre Finger im Spiel. Den Rest der Füllung habe ich in die Sauce eingerührt. Das macht sie nicht schöner, aber intensiver.
Dazu gibt es nach Lust und Laune stilecht einen markanten Weißwein von den Castelli Romani in den Albaner Bergen oder in Rot einen Le Volte dell Ornellaia aus der Toskana. Einfach göttlich. À bientôt!
p.s.: Die Antica Salumeria hat keinen Ruhetag, öffnet um 8 Uhr und schließt erst um Mitternacht. Ihr findet sie hier: https://anticasalumeriapantheon.business.site/?utm_source=tripadvisor&utm_medium=referral
Wer mal einem echten Porchetta-Profi über die Schulter schauen möchte, dem sei der überaus witzige Gennaro Contaldo empfohlen, der aus Kampanien stammt und seit Jahren bei der BBC als Fernsehkoch unterwegs ist. Allein seine Performance ist das Anschauen wert: https://www.youtube.com/watch?v=xNLWcA4LDz8
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