Die Calamari-Ferkelei
„Da habt ihr 150 Mark, damit geht Ihr in Frankreich essen und schreibt dann was darüber“. Mit diesen Worten schickte der Chefredakteur einer kleinen saarländischen Gastro-Zeitschrift meinen Kollegen Holger und mich im Frühling 1988 über die französische Grenze. Es war für mich als junger Journalist die erste Berührung mit dem Schreiben über Essen und vor allem der Beginn einer bis heute andauernden, wunderbaren Freundschaft. Holger ist ein manischer Koch: Als andere noch in einer Wohngemeinschaft ihre Bolognese zusammenrührten, füllte er schon Tauben mit Foie Gras und knackte dutzendweise Belon-Austern. Über die Jahre reihten sich in unseren Begegnungen die kulinarischen Höhepunkte buchstäblich aneinander. An eines von Holgers verwegensten Gerichten musste ich denken, als ich kürzlich an der Fischtheke stand und in der Auslage wunderschöne Babycalamare erblickte. Ich erinnerte mich daran, wie er die kleinen Tuben an einem Kochabend vor vielen Jahren tatsächlich mit Blutwurst füllte. Ein Surf-and-Turf der Extraklasse! Das war jetzt fällig.
(Für 4 Personen, als Zwischengericht)
6 Babycalamare, küchenfertig vorbereitet (also ohne Haut, die lange Gräte bereits entfernt, gut durchgespült und trockengetupft)
200g baskische Blutwurst (Boudin Basque) von Louis Ospital, aus der Dose
1 Schalotte, fein gewürfelt
1 TL Piment d‘Espelette
5 EL Pflanzenöl zum Braten
Fleur de sel
Die Zwiebelwürfel in einer Pfanne bei mittlerer Hitze anschwitzen und die Blutwurst stückchenweise dazugeben und mit etwas Piment d’Espelette würzen. Wer es gern noch etwas pikanter haben möchte, sollte sich trauen, eine Spur Cayennepfeffer dazuzugeben. Die Bestandteile dieser speziellen Blutwurst sind eher grob zerkleinert und sie beinhaltet auch Fleisch vom Kopf des baskischen Ibaïma-Schweins, Zwiebelmus, Knoblauch, Lauch und Thymianblüten. Wer diese besondere Delikatesse nicht finden kann, dem rate ich zu einer anderen französischen Boudin Noir. Bei den deutschen Spielarten ist leider oft zu viel Majoran im Spiel, und den können wir hier nicht brauchen. Es sei denn man hat das Glück, eine Blutwurst von Marcus Benser aus Neukölln vor sich zu haben! Unter häufigem Wenden verbindet sich die Blutwurst in der Pfanne mit den Schalottenwürfeln zu einer wunderbar duftenden Melange, die pastos genug ist, um als Füllung verwendet zu werden.
Die kleinen Tentakel der Babycalamare scheide ich ab, sie kommen später mit in die Pfanne und werden dann schön knusprig gebraten. Mit einem kleinen Espressolöffel gebe ich jetzt die Blutwurstfüllung in die Calamarituben. Die Füllung sollte nicht zu locker werden, also mit dem Löffel immer etwas nachstopfen. Das ist ziemlich mühsam, weshalb ich mir wohl doch mal eine Tülle zulegen werde. Nun werden die Tuben mit einem oder zwei Zahnstochern an der Öffnung geschlossen. Sollte nicht genug Füllung für alle Calamare vorhanden sein, werden die übrigen in breite Ringe geschnitten und später kurz mitgebraten. Jetzt kommen die zuvor zart gesalzenen Calamare und die Calamari-Ringe in die heisse Pfanne und werden drei bis vier Minuten rundum gebraten. Die kleinen Tentakel schon kurz zuvor in die Pfanne geben, sie brauchen nämlich ein wenig länger.
Unsere duftende kleine Sauerei kann jetzt mit einem kleinen Salatbouquet serviert werden. Dazu kann man ganz wunderbar einen gut gekühlten Mosel-Riesling trinken, bei uns war das der Wiltinger Alte Reben von Nik Weis aus Leiwen. À bientôt und auf Dein Wohl, Holgi!