Ente gut, Sauce: Hammer!
Wenn der Spargel wie derzeit im Frost steckenbleibt, ist leider erstmal Essig mit Frühlingsküche. Essig bringt mich aber auf eine Idee. Sherry-Essig, um genau zu sein. Und Ente! Wenn man nicht so genau weiß, was man kochen soll, ist Ente immer eine gute Entscheidung. Die macht vieles mit, kann pikant-asiatisch daherkommen oder ganz klassisch à l’Orange imponieren, funktioniert je nach Sauce mit Rotwein und Weißwein zum Essen gleichermaßen und ist in anständiger Qualität inzwischen auch einfach zu bekommen. Ich kenne nur wenige Menschen, die Ente nicht mögen. Ich kenne umgekehrt aber auch nur wenige, deren absolutes Lieblingsgericht Ente ist. Das kann sich durch dieses Rezept aber ruckartig ändern. Wer beim Einkauf Flugentenbrust wählt, bekommt die kleineren Exemplare, aber ich ziehe sie immer vor, weil sie nach meiner Erfahrung meist “entiger” schmecken, festeres Fleisch und eine dünnere Fettschicht haben.
Aus unseren Entenbrüsten machen wir heute ein ganz besonderes Essen, und dabei hilft uns die Sauce. Diese Hammer-Sauce wirkt – obwohl eigentlich leicht herzustellen – ziemlich glamourös, wie aus einer Edel-Küche und ist dabei hoch intensiv, weshalb wir auch nur wenig davon herstellen müssen. Weil Enten wenig bis keinen Bratensaft hergeben, ist der Rückgriff auf Fond unerlässlich. Und da ich außer Profiköchen niemanden kenne, der mal eben größere Mengen Entenfond aus eigener Herstellung im Kühlschrank hat, muss man sich meist mit gekauften Fonds behelfen. Hier gibt es große Qualitätsunterschiede, ob nun Bio oder konventionell, also genau hinschauen und -schmecken! Eine weitere Zutat ist “Demi Glace”, ein extrem reduzierter Fond, der geleeartig ist und den man im Feinkosthandel oder via Internet bekommt.
Die dritte Besonderheit auf der Zutatenliste ist Sherry-Essig. Ich bevorzuge hierbei den Hersteller Maille, der auch bei Senf und anderen Produkten eine sichere (und bezahlbare) Bank ist. Wer dagegen ein bisschen Geld investieren möchte, der kann hier mühelos bis hin zu Balsamico-ähnlichen Produkten im oberen Preissegment aufrüsten. Zum Kochen gibt es für den Koch am besten ein Glas von dem Wein, der später in die Sauce kommt. In diesem Fall öffne ich eine Flasche weißen Beaujolais oder einen schönen Saint Véran, beides Chardonnays mit ein bisschen Kraft, aber auch nicht zuviel davon.
(Für zwei Personen)
2 kleine Flugentenbrüste
Salz, schwarzer Pfeffer (heute mal “Melange Noir” von Gewürzpapst Ingo Holland)
5 EL weißer Zucker
3 EL Sherry-Essig
3 EL demi Glace, notfalls konzentrierter Geflügelfond
300 ml Entenfond
200 ml Weißwein
mindestens 50 g eiskalte Butter, eher mehr!
Die Butter in kleine Stücke schneiden und auf einem Teller in den Tiefkühlschrank stellen. Entenbrüste auf der Fettseite rautenförmig einschneiden, salzen und pfeffern und ohne Fett in der Pfanne bei nicht zu großer Hitze goldgelb und knusprig anbraten, anschließend für ein paar Minuten wenden. Jetzt bei 120 Grad eine gute halbe Stunde ab in den vorgeheizten Backofen, die Fettseite soll dabei oben liegen. Dann ist das Entlein am Ende noch rosa, aber nicht mehr blutig.
Jetzt ist der Herd wieder frei und es wird Zeit für die Sauce. Den Zucker in einem schweren Topf karamellisieren lassen. Wenn die Farbe ins Bräunliche übergeht, ist der richtige Zeitpunkt, mit dem Essig abzulöschen. Dabei mit einem Schneebesen rühren, damit das Karamell sich auch komplett im Essig auflöst. Hitzebeständige Handschuhe sind bei dieser ganzen Aktion sinnvoll, weil es beim Ablöschen heftig zischt und sehr, sehr heiße Dämpfe aufsteigen. Bevor die Mischung zu stark einkocht mit dem Weißwein ablöschen, den Fond zugeben, demi Glace einarbeiten und alles mindestens auf die Hälfte einkochen lassen. Mehr als eine Tasse braucht man am Ende nicht, so intensiv ist diese Sauce. Etwas von der Sauce mit einem Pinsel auf die Entenbrüste streichen und diese noch ein paar Minuten im Backofen grillen. So wird die Haut nochmal knusprig und die aufgepinselte Sauce verwandelt sich zur würzigen Lackierung. Dann den Backofen ausschalten.
Die restliche Sauce mit Salz und Pfeffer abschmecken und die Butterstückchen nach und nach mit dem Schneebesen einarbeiten, um die Sauce zu binden. Was wir jetzt haben: eine dunkle, sämige Sauce mit intensivem Entengeschmack und wuchtigem Essig-Karamell-Aroma. Hammer, wie gesagt. Dazu serviere ich Gnocchi oder einfach nur gedünstete Kaiserschoten. Die Entenbrüste aus dem Backofen nehmen, mit Alufolie lose abgedeckt einige Minuten ruhen lassen, aufschneiden und auf (vorgewärmten!) Tellern anrichten. Etwas von der Sauce darüber geben und servieren. Ich kann mir vorstellen, dass diese Sauce mit Orangengelee und Orangenzesten auch ein Hochgenuss wäre. Oder mit Balsamico? Muss ich wohl mal testen. Als Weinbegleitung geht eigentlich alles, von einem fruchtigen Rotwein bis hin zu einem wuchtigen Weißen. Oder noch etwas von dem Saint Véran, den ich beim Kochen getrunken habe. Komisch. Die Flasche ist leer. Warum gucken jetzt alle mich an? À bientôt!
p.s.: Dieses Rezept geht zurück auf Wolfram Siebeck und macht dem Meister auch alle Ehre.
Wer die wirklich ganz besondere Pfeffermischung von Ingo Holland checken möchte, findet sie hier direkt beim Erzeuger: https://www.altesgewuerzamt.de/Mischungen/M-lange-Noir.html
Koch-Neumann 14. Mai 2017 @ 20:19
Mit viel Interesse habe ich mir zum zweiten Mal die Rezepte und auch den Text genau durchgelesen. Er ist eben ein Feinschmecker geworden im Laufe der vielen Jahre. Von der Tütensuppe mit Omi bis zu den erlesensten Saucen war eben doch ein Weg , der sich über die Jahrzehnte gelohnt hat.
Ich profitiere auch von dieser edlen Kochkunst und wünsche weiterhin so viel Begeisterung und Vielfalt.