Ein Lämmchen in bester Gesellschaft
Unser Freund Holger hat uns diesen Ort empfohlen. Nun sind wir hier. Apulien, einige Wochen am Meer. Blau, soweit das Auge reicht. Abends dann, wenn die Sonne hinter einer üppigen Kuppel der Skyline verschwindet und alle Kirchtürme unseres Hafenstädtchens zum 18-Uhr-Gebimmel anschlagen, wird das Meer zuerst kristallfarben und dann, schon vom Mond beschienen, silbrig weiß. Das ist der Moment, in dem ich seufzend das Buch beiseite lege, den Sonnenschirm zuklappe und damit die seligen Stunden über den Dächern beende. Jetzt kommt echte Arbeit auf mich zu, in der Küche.
Frischer Fisch und Frutti di mare sind eine feine Sache. Aber nicht heute. Pulpo, Schwertfisch, Gamberoni, Muscheln, Rascasse und Rotbarben haben nämlich jetzt eine kurze Pause, auf Anweisung von Frau Knauber. „Irgendwie fühle ich mich etwas überfischt“, hatte sie beim morgendlichen Nachdenken über das Abendessen angemerkt. Nach anderthalb Wochen Meeresgetier auf dem Teller kann Abwechslung auch mal sein. Zum Glück gibts donnerstags in der Macelleria Pericci Milchlamm, hatte mir mein einheimischer Kumpel Fabio angepriesen. Und was für eins! Ein schönes Schulterstück mit Stelze schleppe ich aus dem Laden am Rande der Altstadt unseres Küstenörtchens, in der anderen Tüte zwei Fläschlein kräftigen weißen Verdeca von der Masseria Li Veli. Bei Angelo hole ich noch Auberginen und kleine Tomaten. Und schon gehts los:
Milchlammschulter
1 Milchlammschulter mit Knochen und Stelze, ca. 1,1 kg
1 Bund Thymian
1/2 Knolle Koblauch
Salz, Peffer aus der Mühle
Olivenöl
4 EL Balsamicosirup
2 Gläser Weiß- oder Rotwein
Caponnata
2 mittelgroße Auberginen, grob gewürfelt und im Backofen bei 200 Grad 20 Minuten vorgegart
600 g Cocktailtomaten halbiert
1 Bund Petersilie, feingehackt
ca. 20 schwarze Oliven, entsteint
1/2 Espressotasse Kapern
2 kleine rote Zwiebeln, feingehackt
1 EL Oregano
2 Zehen Knoblauch, feingehackt
1 Espressotasse gehobelte Mandeln, ohne Fett in der Pfanne goldgelb angeröstet
Salz, Pfeffer
4 EL Balsamicosirup
Zuerst die Milchlammschulter mit Olivenöl einreiben. Salzen und pfeffern. Jetzt auf ein Bett von Thymianzweigen und geschälten Knoblauchzehen setzen und bei 150 Grad für gut zwei Stunden ab damit in den vorgeheizten Backofen, zuvor noch ein Glas Wein angießen. Der Duft ist bereits nach einer halben Stunde so köstlich, dass Frau Knauber schon bald um den Herd herumschleicht. „Wie lange braucht es denn noch?“, fragt sie freundlich. Bei genauerem Hinhören hätte ich vielleicht eine ganz zarte Spur Ungeduld wahrgenommen.
Wer viel fragt, darf beim Schnippeln helfen. Dabei probieren wir einen „Fichimori“, einen gekühlten Rotwein aus dem Salento, den uns unsere Freunde Maria und Ralf empfohlen haben. Da die beiden bereits vor Jahren aus dem deutschen Alltag ausgestiegen sind und sich hier niedergelassen haben, nutzen wir ihren großen Erfahrungsschatz, zum Beispiel zum Thema Weine, sehr gern. Tatsächlich macht der Vichimori seinem Namen mit geschmacklichen Anklängen an Feige und Brombeere alle Ehre. Dieser Tropfen ist etwas für alle, die auch gern einen gekühlten Chinon oder Brouilly trinken – ein kleiner Leckerschmecker, gerade an sonnigen Nachmittagen.
Jetzt geht es ganz flott. Die Zwiebeln und den Knoblauch andünsten und glasig werden lassen. Anschließend die schon im Backofen vorgegarten Auberginenwürfel hinzugeben, mit Oregano würzen und ein bisschen braten lassen. Dann kommen die Tomaten, Oliven, Kapern und Petersilie in den Topf . Ein halbes Glas Wein angießen, einkochen lassen und den Balsamicosirup zugeben. Die Temperatur nun stark reduzieren und abschmecken. Anschließend die Mandelscheibchen darüberstreuen und zusammen mit dem Lamm servieren. Das ist nämlich jetzt fertig, von außen ganz, ganz knusprig, innen sehr zart, und es duftet köstlich. Was wäre so ein Urlaub ohne die Tips von Holger, Fabio, Maria und Ralf. Und ohne den Metzger Pericci und das Gemüse von Angelo! Wir stoßen an und fühlen uns hier nicht nur mit unserem Lämmchen in bester Gesellschaft. À bientôt!
p.s.: Und morgen? Da soll so ein toller Fischladen in der Nähe des Hafens sein, meinen jedenfalls gleichlautend Ralf und Fabio. Muss ich doch unbedingt mal hin!