Fisch oder Fleisch?
Fisch und Fleisch zusammen? Ich gestehe, ich mag das nur selten, eigentlich finde ich es besser, wenn Fisch und Fleisch in ihrem jeweils eigenen Geschmacksuniversum bleiben. Da haben Gewürze, Weine und dazu gereichte Saucen ein klares Bezugssystem. Man hat ja auch keine zwei Sonnen. Etwas irritiert hat mich zum Beispiel immer die von vielen so heiß geliebte Paëlla, manchmal auch das nicht minder beliebte Couscous: Dass hier Krustentiere mit Lammkotelettes und scharfer Wurst gemeinsame Sache machen (oder gemeinsame Sauce, um genauer zu sein) finde ich irgendwie befremdlich. So habe ich auch nur sehr wenige eigene Erfahrungen mit diesen „All you can mix“-Gerichten gemacht.
Aber! Spannend sind die Ausnahmen von dieser Regel. Besonders das Vitello Tonnato. Ein Vitello kann zu den besten Vorspeisen der italienischen Küche gehören. Wenn das Kalbfleisch frisch und zartrosa gegart und hauchdünn aufgeschnitten wurde und die Thunfischcreme eine schöne Balance zwischen tonno, Sahne und Kapern gefunden hat – und man den Fisch praktisch kaum bemerkt. Vor ein paar Jahren hat mich mein Freund Holger mal damit überrascht, das Ganze einfach umzudrehen: Er brachte Kurz gebratenen Thunfisch mit einer intensiven Kalbsjus auf den Tisch. Ich gebe zu: ich war vorher wirklich skeptisch, dann aber voll überzeugt. Da ich auch immer mal wieder gebeten werde, ein ganz einfaches Gericht vorzustellen: Voilà! Einfach, aber effektvoll und schon optisch so festlich, dass es in diesen Wochen auf einer weihnachtlichen Tafel problemlos Bella Figura machen kann.
(Für 2 Personen, als Vorspeise)
200 g Thunfisch in Sashimiqualität
400 ml Kalbsfond
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Fleur de sel
Zunächst den Kalbsfond zu einem Jus einkochen, das dürften dann noch maximal 100 ml sein, eher weniger. Was man da jetzt im Topf hat, ist hochkonzentriert und sehr, sehr aromatisch. Ist es zu aromatisch: Ein Blubb Schlagsahne oder ein Löffel Creme Double mildert alles ab. Bei geschlossenem Deckel auf sehr niedriger Stufe warmstellen und bitte volle Konzentration, denn jetzt kommt der Tonno.
Den Thunfisch schön trockentupfen, zart salzen, pfeffern und dann in der heißen Pfanne 40 Sekunden in etwas Pflanzenöl anbraten. Dann für weitere 40 Sekunden wenden. Nun noch jeweils 15 Sekunden auf den schmalen Seiten anrösten – fertig.
Den Thunfischriegel jetzt direkt aus der heißen Pfanne auf ein Brett heben und mit dem schärfsten Messer aus der Schublade mitteldicke Medaillons schneiden. Nun den Jus kurz erhitzen und die Thunfischscheiben auf ein wenig Kalbsjus anrichten. Fertig. Mehr braucht es nicht, wenn zwei Produkte des kulinarischen Hochadels sich miteinander verbinden. Spätestens beim Essen fragt man sich dann ganz kurz, ob man es mit Fisch oder Fleisch zu tun hat. Egal. Manchmal müssen es eben zwei Sonnen sein. À bientôt!
p.s.: Dazu würde ich ein Glas Champagner anbieten. Und wenn wir schon aristokratisch sind: einen guten!