Über Wildspargel und Seelenfrieden
„Aber wir gehen doch heute essen“, meinte Frau Knauber freundlich, aber bestimmt und zog mich von Angelos Gemüseladen weg, wo ich fassungslos, wie festgenagelt stand und fasziniert den Wildspargel betrachtete. Bisher kannte ich die zarten, geschmacksintensiven Stangen nur als seltene und exklusive Deko auf den Tellern der Spitzengastronomie. Aber wer das Glück hat, zwischen März und Mai in Kroatien, Süditalien oder Griechenland Urlaub zu machen, wird dort wilden Spargel ganz selbstverständlich im Gemüseladen finden. Den delikaten Wildspargel in Reichweite zu haben – es versetzte mich in den folgenden Tagen in große innere Unruhe. Er könnte ja inzwischen ausverkauft sein und ich hätte eine einmalige, niemals wiederkehrende Gelegenheit verpasst. Eines morgens in der letzten Urlaubswoche konnte ich die Ungewissheit nicht mehr ertragen, sprang am frühen Morgen aus den Federn und eilte ohne einen Blick für das in der Morgensonne glitzernde Meer oder die malerischen Barockfassaden wie ferngesteuert zu Angelos Laden. Und da war er noch: der wilde Spargel, in dicken Bunden geschnürt, aufrechtstehend in einem Wassereimer. Auf dem Rückweg quietschte es verheißungsvoll in meiner Tüte, mein Seelenfrieden war wieder hergestellt. Das stellte ich dann damit an:
(für 2 Personen)
200 g Wildspargel, gewaschen, auf Küchenpapier getrocknet, die unteren Enden großzügig abgeschnitten
200 g Linguine
1 weiße Zwiebel, fein gewürfelt
1 Zehe Knoblauch, fein gewürfelt
1 kleines Glas Weißwein
4 EL frisch geriebener Parmesan
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Fleur de Sel
4 EL Pflanzenöl
Olivenöl, Menge nach Geschmack
Etwas Pflanzenöl in eine Pfanne geben und den Spargel bei mittlerer Hitze hineingeben. Die delikaten grünen Stängel in der Pfanne ab und zu bewegen, damit sie nicht anbraten, sondern nur leicht dünsten und möglichst viel Geschmack behalten. Nach 10 Minuten Zwiebeln und Knoblauch dazugeben. Fünf Minuten später mit Weißwein ablöschen und diesen etwas einkochen lassen. Parallel die Linguine kochen und dann 4 EL Nudelwasser in die Spargelpfanne geben. Die Nudeln abgießen und dann ab mit ihnen in die Pfanne zum Wildspargel. Nun Salzen, pfeffern und gut vermischen. Großzügig mit Olivenöl beträufeln, anrichten und mit Parmesan bestreuen. Diese Wildspargelpasta ist eine köstliche Vorspeise, bei der der etwas bittere, zarte Spargel im Mittelpunkt steht und die deshalb mit wenigen Zutaten auskommt. Bei Pasta ist es selten, dass Frau Knauber ihren Teller vor mir geleert hat. Hier war sie die Erstplatzierte, spießte genüsslich das letzte Stückchen Spargel auf, lächelte mich an. „Gut, dass Du nochmal zum Laden gegangen bist. Ich habe mir schon Sorgen um Dich gemacht.“ À bientôt!