Der langjährige Vizekönig von Peru, Manuel d’Amat i de Junyent, kam viel rum in seinem Leben als spanischer Kolonialbeamter. Er trat mit elf (!) Jahren der Armee bei, kämpfte in Afrika gegen die Österreicher, lebte zwischendurch ein paar Jährchen auf Mallorca und war auch noch Gouverneur in Chile. Nebenbei baute er Paläste und war seiner Mätresse treu, bis er im vorgerückten Alter von 72 Jahren eine gerade mal 24jährige Braut ehelichte.
Warum ich das alles erzähle? Im Jahr 1770 besuchte der alte Haudegen seinen Königskollegen in Neapel, Ferdinand IV. Bei diesem Staatsbesuch hatte er etwas im Gepäck, das viel nachhaltiger in Erinnerung geblieben ist als alle beteiligten Könige zusammen: Setzlinge für eine längliche, saftige, aromatische Tomate, die heute unter dem Namen „San Marzano“ (Ort in Kampanien) ein globaler Genuss geworden ist. Aufgrund ihrer geschmacklichen Intensität spielt sie oft die Hauptrolle in Ketchup und Tomatenmark, ihre praktische Form macht sie zudem zu einer beliebten Dosentomate. Neapolitanische Köche vertreten zudem die Auffassung, dass nur dieses süße Tomätchen für “la vera Pizza Napoletana” Verwendung finden darf.
Ich nehme sie gern frisch. Und zwar für ein Auberginengratin:
2 mittelgroße, nicht zu dicke Auberginen, in Scheiben von 0,5 cm geschnitten
250 g Mozarella, gerne in Stangenform, in Scheiben geschnitten
2 große reife San Marzano-Tomaten, in dünne Scheiben geschnitten
eine Handvoll Basilikumblätter, grob gehackt
6 EL Olivenöl
Salz oder Fleur de Sel
schwarzer Pfeffer (Malabar)
Die Auberginenscheiben salzen und zwanzig Minuten stehen lassen. Dann das Salz und die ausgetretene Flüssigkeit gründlich abtupfen, erneut salzen und pfeffern. In einer geölten Auflaufform die Auberginen überlappend nebeneinander schichten, dazwischen Tomaten und Mozarellascheiben schieben. Zuletzt mit bestem Olivenöl beträufeln.
Die Auberginenfächer kommen jetzt 50 Minuten bei 225 Grad auf der mittleren Schiene in den Backofen. Die Zeit reicht prima, um einen Wein auszusuchen, den Grill vorzuheizen und kurz vor Ende der Garzeit unseres Gratins ein paar Lammkoteletts aufzulegen. Zusammen servieren und mit dem Basilikum bestreuen. Ein königliches Vergnügen. À bientôt!
p.s.: Damit von Don Manuel nun kein verzerrtes Bild entsteht, sei noch hinzugefügt, dass er die jugendliche Braut nur deshalb ehelichte, weil sein Neffe, offenbar ein Hallodri, nicht zur Trauung erschienen war. Der jungen Frau wurde durch die am gleichen Tag vereinbarte Ehe mit dem greisen Vizekönig große Schande und ein Leben im Kloster erspart. Obendrein erbte Maria Francesca, so ihr Name, nach wenigen Jahren auch den prunkvollen Palast von Don Manuel. Er steht bis heute an der berühmten Rambla in Barcelona und heißt im Volksmund noch immer „Palast der Vizekönigin“. Ob in den dortigen Orangerien auch eine ganz bestimmte Tomate gezogen wurde, lässt sich leider nicht mehr ermitteln.
p.p.s.: Die Kolonialzeit ging in Peru schon 1821 zuende. Manuel d’Amat i de Junyent hat das nicht mehr erlebt. So entging ihm auch, dass sein unehelicher Sohn – das gemeinsame Kind mit seiner peruanischen Mätresse – zu den Unterzeichnern der peruanischen Unabhängigkeitserklärung gehörte. Geschichte kann ja so ironisch sein.
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