Zunächst ein Dankeschön an alle, die „Knauber kocht“ bei Facebook in einschüchternd großer Zahl geklickt, „geliked“, geteilt und abonniert haben. Ich war ehrlich überrascht und habe mich darüber sehr gefreut. Deshalb geht es auch sofort los, und zwar mit einem Wunsch, den ein sehr guter Kollege aus der Firma hatte, nämlich nach Hinweisen zur Zubereitung eines „Coq au vin“.
Der Coq au vin, also Hahn in Rotweinsauce, ist so etwas wie das Signaturgericht der französischen Landküche. Hier verbinden sich der gallische Hahn und der Wein, der weite Landstriche unseres schönen Nachbarlandes prägt, auf besondere Weise. Das liegt auch daran, dass Geflügel die Aromen von Wein, Kräutern und den übrigen Zutaten besonders gern annimmt und seinen Eigengeschmack wiederum gut an die Sauce abgibt.
Für mich war Coq au vin vor 25 Jahren nicht mehr und nicht weniger als der Urknall des Kochens: Nachdem man am Anfang relativ wenig Arbeit hat, vollzieht sich die eigentliche Magie dieses Gerichts über Stunden auf geheimnisvolle Weise im geschlossenen Topf, und dort entscheidet dann einzig die Qualität der Zutaten über das Ergebnis. Und dieses Ergebnis ist mindestens gut. Aber das reicht uns nicht. Wenn wir uns jetzt ernsthaft mit Coq au vin beschäftigen wollen, gibt es deshalb bei drei Dingen keine Kompromisse.
Erstens: Das Huhn muss mindestens sehr gute Qualität haben. Ich habe mich auf Freilandhühner aus Frankreich festgelegt, am liebsten die gelben Maishühner. Die sind teurer, ja, aber es lohnt sich, denn sie schmecken aromatisch nach Huhn, haben durch Freilauf und natürliche Ernährung festes, etwas dunkleres Fleisch und einen kräftigeren Knochenbau als die Kollegen aus dem Käfig. Ich bevorzuge übrigens inzwischen Schenkel statt eines ganzen Huhns, weil sie die saftigsten Stücke sind und auch nach einer halben Stunde länger im Topf noch wunderbar zart sind. Wer die Hühnerqualität auf die Spitze treiben will, der besorge sich ein echtes Bressehuhn. Seine Qualität ist ebenso high end wie sein Preis.
Zweitens: Der Wein. Nicht ganz unten im Supermarktregal den Landwein für 2,29 Euro nehmen! Wenn diese Sauce ihre Esser verzaubern soll, und das ist hier möglich, sollte der Wein in den Topf kommen, den man dazu selber trinken möchte. Ganz klassisch wäre jetzt ein roter Burgunder, aber das könnte die eine oder andere Haushaltkasse ruinieren. Mich hat Burgunder in diesem Gericht auch nie wirklich überzeugt. Ich bevorzuge einen runden Cotes du Rhone, weil er wenig Säure, eine kräftige Farbe und einen harmonischen, ausgewogenen Charakter hat. Hühner lieben das. Ich auch.
Drittens: Ein ordentlicher, schwerer Gusstopf wird gebraucht. Er verteilt die Hitze sehr gleichmäßig und der schwere Deckel verhindert, dass Luft hinein oder aromatische Dämpfe hinausgelangen. Beim Gusstopf lohnt sich ein kleines Investment, denn er begleitet uns ein Leben lang. Der Klassiker von “Le Creuset” zum Beispiel darf es dann schon sein.
Jetzt geht’s los, und zwar für vier Personen:
1 Freiland-Huhn, zerlegt in acht Teile oder 4 Schenkel
1 große Zwiebel, gewürfelt
(wahlweise auch zwei Hände voll kleiner Perlzwiebeln, wenn man welche ergattern kann)
1 Knoblauchzehe, grob geviertelt
1 kleine Handvoll gehackte Petersilie
1 Flasche Cotes du Rhone (rot)
2 Karotten, 1 kleines Stück Sellerie, grob gewürfelt
1 kleine Handvoll Speckwürfel, bitte ungeräuchert
1 Lorbeerblatt
1 Gläschen Grappa oder Marc
1 Teelöffel Kräuter der Provence
Hühnerteile salzen und pfeffern, im Gusstopf bei mittlerer Temperatur von beiden Seiten goldgelb anbraten und aus dem Topf nehmen. Jetzt Speck mit Zwiebeln, Karotten, Knoblauch und Petersilie anrösten. Mit dem Grappa ablöschen, Wein, Kräuter und Lorbeer dazugeben und nun die Hühnerteile mit der Hautseite nach oben wieder dazugeben. Kurz aufkochen lassen und mit geschlossenem Deckel bei kleiner Temperatur mindestens (!) anderthalb Stunden köcheln lassen. Ich bilde mir ein, dass die Garung im Backofen bei 120 Grad noch schöner ist.
Die lange Garzeit reicht jetzt wunderbar, um eine Vorspeise fertig zu machen oder den Wein einer intensiveren Qualitätskontrolle zu unterziehen. Hühnerteile jetzt wieder entnehmen, warmstellen oder kurz im Backofen wieder knusprig grillen, weil die Haut des Geflügels nach anderthalb Stunden im Dampfbad etwas schlapp ist. Nun die Sauce nach Geschmack einkochen, dann mit Salz und Pfeffer, etwas mehr Wein oder Geflügelfond abschmecken und binden. Der Purist wird die Sauce zuvor durch ein Sieb laufen lassen, damit von Karotte, Kräutern, Sellerie und Speck nur die über Stunden in die Weinsauce übergegangenen Aromen übrig bleiben, denn wer braucht schon rotweingefärbtes, ausgekochtes Gemüse auf dem Teller? In diesem Falle sollte man aus Gründen der Optik die Perlzwiebeln am Ende aber wieder mit hineingeben.
Zum Coq au vin gibt es zahlreiche Variationen: Im Elsaß gart man das Huhn in Riesling, im Jura in Weißwein oder gar Rosé, man kann das Fleisch vorher auch über Nacht in Wein und Kräutern marinieren, am Ende kleine Champignons dazu geben, die Sauce zum Schluss bis zur Sirupartigkeit einkochen oder was auch immer. Dazu gibt’s Kartoffeln. Am besten wären Bamberger Hörnle oder die ebenso geformte La Ratte. Und die zweite Flasche Cotes du Rhone, wenn noch was übrig ist 🙂
À bientôt!
Die Abbildung ist ein Werk von Peter Gaymann, das als Poster oder Postkarte erhältlich ist. Ist schnell gegoogelt. Als kleine Hommage an dieses wundervolle Gericht hängt es übrigens in meiner Küche.