Pulpo trifft Kartoffel an der Adria
Bei unserem letzten Aufenthalt in Italien stand plötzlich unsere nette Nachbarin Apollonia vor der Tür. In der Hand eine Schale mit duftendem Inhalt. Das tut sie manchmal, und immer wenn Apollonia vor der Tür steht, kann ich mir das Kochen sparen, weil wir dann immer etwas Leckeres und sehr Authentisches im Haus haben.
„Du könntest ja auch mal was machen, wovon wir ihr etwas runterbringen können“, meinte Frau Knauber. Ich ging dezent über die Anregung hinweg. Ich war mir doch etwas unsicher, ob es mir gelingen würde, eine gestandene Süditalienerin mit meinen Kochkünsten zu überzeugen. Zumal sie es wahrscheinlich ohnehin seltsam findet, dass bei uns, den Tedesci aus der Etage darüber, offenbar immer der Mann am Herd steht. Einige Tage später, ich wollte gerade einkaufen gehen, zeigte Frau Knauber ihre freundliche Beharrlichkeit, indem sie nachfragte: “Hast Du dir schon was überlegt, was wir Apollonia bringen könnten?“.
Da dachte ich zurück an einen Tag vor drei Jahren. Es war weit über 30 Grad. Und die Luftfeuchtigkeit verwandelte die kleine Stadt an der Adria in eine Waschküche. Um die Mittagszeit vermieden wir jede unnötige Bewegung und hielten uns stets in der Nähe der Klimaanlage unserer Ferienwohnung auf. Wir alle litten etwas in jenem Urlaub und die Hitze wirkte sich auch auf den Speiseplan aus. Heiße Pasta? Undenkbar. Gegrilltes? Zu schwer. Salat? Ok, aber ein bisschen langweilig als Hauptmahlzeit. Kartoffelsalat? Schon besser. Aber auch ein bisschen langweilig. Mein Freund Matzi, er war in diesem Urlaub dabei, verschwand mit einem Geistesblitz in der Küche und kam mit einer großen Schüssel zurück. Darin befand sich ein wundervoller Pulpo-Kartoffensalat. Das ist nicht nur eine nette Fusion aus deutscher und italienischer Küche, sondern war, leicht gekühlt, mit seiner milden Säure und den knackigen Zutaten das perfekte Abendessen. Ich war in der Küche nicht dabei. Aber ich habe Matzis Werk an heißen Tagen schon oft nachempfunden. Für uns und Apollonia auf diese Weise:
(Hauptgang für 2 Personen)
3 kleine Tintenfische, insgesamt ca. 700 g
Für das Kochwasser: 2 Lorbeerblätter, 2 Körner Piment und einige Pfefferkörner
6-7 mittelgroße, festkochende Kartoffeln (geschält, gekocht, gewürfelt)
1 schön reife, rote Paprikaschote, in mittelgroße Würfel geschnitten
1 große rote Zwiebel (gerne die milde rosa Tropea oder französische Roscoff), fein gewürfelt
1 große Zehe Knoblauch, fein gewürfelt
1 kleines Bund Petersilie grob gehackt
2-3 grüne Enden vom Staudensellerie, grob gehackt
Dressing:
Pflanzenöl oder Olivenöl
1 EL mittelscharfer Senf
Ein guter Schuss Zitronensaft
Weißweinessig
Salz oder Fleur de sel
Schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Zuerst wird der Tintenfisch vorbereitet. Dazu einen großen Topf mit Wasser, Piment- und Pfefferkörnern sowie Lorbeerblättern aufsetzen. Wenn es kocht, wird die Temperatur deutlich heruntergedreht, so dass das Wasser um die 95 Grad heiß bleibt. Nun die Tintenfische hineingleiten lassen und 45 Minuten im siedenden Wasser garen. Dann die Hitze abschalten und die nun sehr zarten Tintenfische noch eine halbe Stunde im Topf abkühlen lassen. Danach die Kraken mindestens 2 Stunden abgedeckt in den Kühlschrank stellen und später für den Salat in mundegerechte Stücke schneiden.
Jetzt in einer großen Schüssel das Dressing nach Geschmack aus den angegebenen Zutaten herstellen, die Zutaten für den Salat zugeben und gut unterheben. Abschmecken. Vielleicht fehlt noch etwas Salz oder Pfeffer? Wer genügend Zeit hat, kann den wunderbaren Pulpo-Kartoffelsalat jetzt noch ein paar Stunden im Kühlschrank kaltstellen und durchziehen lassen.
Der Salat schmeckte köstlich. Bevor ich mir hungrig den Teller füllen konnte, erinnerte mich Frau Knauber daran, dass ich vorher ein Schälchen für Apollonia beiseitestellen sollte. Sie wollte es später herunterbringen. Die Nachbarin war begeistert. Und ich war begeistert, dass die Küchenarbeit des kochenden deutschen Nachbarn sie offenbar überzeugen konnte. Ich freue mich schon darauf, wenn sie im nächsten Urlaub wieder mit einem Topf in der Hand vor der Tür steht. Letztens hatte sie eine Tiella Barese, ein wunderbares regionales Gericht aus Reis, Kartoffeln und Muscheln dabei. Aber das wird eine andere Geschichte. À bientôt!