Ein Fasan hebt ab
Ich habe schon lange aufgehört, mir wegen der Kocherei an Weihnachten allzu viel Stress zu machen. Natürlich gibt es für die Lieben zum Fest feine Sachen und noch feinere Sächelchen. Aber auch ich will an den schönsten Tagen des Jahres natürlich viel Zeit mit den wichtigsten und liebsten Menschen verbringen. Trotzdem hat man auch Spaß ein paar Extra-Stunden in der Küche, um etwas Besonderes zu zaubern. Neues probieren, ein bisschen mehr Zeit für einen Fond, eine besondere Sauce, etwas, was meiner Frau so gut gefällt, dass es ins feste Repertoire unserer Küche aufgenommen wird. Damit Zeit für die Familie und Zeit fürs Kochen sich nicht ausschließen, fange ich früher an: In diesem Jahr gab es an jedem Adventswochenende mindestens ein völlig neues Gericht. Die besten landen dann, kombiniert mit ein paar sicheren Klassikern, im Weihnachtsmenü. Und die Menüs sind so gebaut, dass man vieles entspannt vorbereiten kann und dann nicht am Feiertag stundenlang in der Küche steht, während die liebe Familie die jahrelang gehortete Châteauneuf-Magnum ohne den Koch wegschlürft.
Eine Woche vor dem Fest hier mal zwei schöne Gänge aus dem Kochlabor der laufenden Adventszeit: Rosenkohlcrèmesuppe und danach Fasanenbrust mit Balsamicosauce.
Rosenkohlcrèmesuppe (4 Personen)
Diese Rosenkohlsuppe ist mir ein besonderes Anliegen. Denn dass man Rosenkohl auch anders hinbekommen kann als Matschig verkocht, penetrant kohlig und unangenehm bitter, das weiß ich schon seit ein paar Jahren. Dieser kleine Kohl hat echten Charakter und einen ganz besonderen Eigengeschmack, den man aber herauskitzeln muss. Zum Beispiel als Süppchen. Das Rezept habe ich vor etwa sechs Jahren aus dem „Zeit“-Magazin herausgerissen und dann wanderte es von meinem Arbeitszimmer in ein Regal im Schlafzimmer, landete schließlich im Kochbuchregal und von da aus wieder zurück ins Schlafzimmer. Dass die beiden losen Blätter der ordnenden Hand von Frau Knauber über die Jahre immer wieder entgehen konnten, ist kaum zu glauben und gelang mir manchmal erst in letzter Minute. Aber ich wusste genau, ich wollte diese Suppe irgendwann einmal machen. Nun war es so weit. Also öffnete ich mir eine Flasche knackig-kalten Steillagen-Riesling von der Saar, schenkte mir ein Glas ein und legte los.
400 g geputzter Blattspinat
850 g geputzter Rosenkohl
100 g feine Bauchspeckwürfel
100 g feine Schalottenwürfel
etwas neutrales Pflanzenöl
200 ml Weißwein, ich habe grauen Burgunder verwendet
800 ml Geflügelfond
200 g Crème fraîche
Salz
Weißer Pfeffer
Zucker
1 Prise Muskatblüte oder Muskat
In einem Topf mit gesalzenem Wasser den Spinat etwa eine Minute blanchieren. Abgießen, in Eiswasser abschrecken, in ein Geschirrtuch einrollen, gut auspressen, dann mit einem großen Gemüsemesser grob hacken und beiseite stellen. Der Spinat bringt einen zarten geschmacklichen Akzent, vor allem aber eine schöne Farbe hinein.
Der Kohl wird von den äußeren Blättern und dem Strunk befreit. Anschließend waschen und vierteln. Das dauert bei der Menge seine Zeit und ist eine ziemliche Fummelei. Also noch ein Glas Riesling, zur Hebung der Moral. Die Rosenkohlviertel kommen jetzt für 2 Minuten in kochendes Wasser, danach in einem Sieb abtropfen lassen. Die Schalotten- und Speckwürfel in Pflanzenöl glasig andünsten und mit dem Weißwein ablöschen. Nun kommen Rosenkohl, Geflügelfond und Crème fraîche hinzu, die Mischung kann man 5-6 Minuten kochen lassen. Jetzt den Spinat zugeben und mit dem Pürierstab sehr gründlich zerkleinern. Wer sich die Arbeit machen will, sollte die Flüssigkeit durch ein Sieb passieren. Nun mit Salz, weißem Pfeffer, Zucker und Muskat abschmecken. Fertig. Das ist Rosenkohl, fein herausgeputzt! Dazu serviere ich Schinkenchips.
Fasanenbrust mit Balsamicocrème (4 Personen)
Wie oft habt Ihr in Eurem Leben schon Fasan gegessen? Einmal? Zweimal? Und was wisst Ihr über seine Zubereitung? Ja, kann trocken werden, wenn der ganze Vogel im Ofen gart, vor allem die Brüste. Deshalb nehmen wir nur die Brüste. Dann kann man die Garung exakter kontrollieren – und man hat mehr Zeit für diese Sauce. Und die hat es in sich. Augen auf gilt übrigens auch beim Fasanenkauf: Nicht selten gibt es Schrotpartikel in der Brust, was beim kraftvollen Zubeißen unter Umständen nicht erfreulich für den Zustand von Plomben und Kronen ist. Also nachfragen und genau hinschauen. Und die Mühe lohnt, denn der Fasan ist nicht nur ein hübscher Vogel, sondern auch sehr schmackhaft. Und mit diesem Rezept hebt er so richtig ab.
8 Fasanenbrüste
80 g Möhren, gewürfelt
0.5 Stange Staudensellerie, gewürfelt
1 Zwiebel, gewürfelt
1 Knoblauchzehe, feingewürfelt
1 El Öl
400 ml Portwein (fassgereifter Twany)
100 ml Aceto balsamico (bitte, bitte einen guten, schön dickflüssigen Balsamico nehmen, zum Beispiel „Nostro Nero“ von Bellei)
1 TL Thymian
600 ml Geflügelfond
3 Feigen, reif
Salz, schwarzer Pfeffer
Eine Messerspitze Quatre Épices oder notfalls ein Hauch Zimt
Das Öl in einem mittelgroßen Topf oder in einer Sauteuse erhitzen, das vorbereitete Gemüse darin bei mittlerer Hitze kurz andünsten, mit Portwein und Essig aufgießen und den Thymian dazugeben. Bei mittlerer Hitze auf 100 ml Flüssigkeit einkochen lassen. Durch ein feines Küchensieb in einen Topf gießen, mit dem Geflügelfond aufgießen und erneut einkochen lassen (es soll maximal ca. 250 ml Sauce ergeben). Jetzt wird abgeschmeckt. Noch etwas Salz und ordentlich Pfeffer hinzufügen. Von den Quatre Épices wirklich nur eine Spur, denn Balsamico und eingekochter Port tragen schon recht viel Süße in sich, es sollte nicht lebkuchig werden. Sind wir mit Konsistenz, Geschmack und Balance der Sauce zufrieden, geben wir ihr den Rest: mit eiskalter Butter oder etwas Speisestärke binden. Die Feigen zuletzt mit einem Sparschäler schälen, in anderthalb Zentimeter dicke Spalten schneiden und in die Sauce geben. Bei niedriger Hitze warm stellen. Die Sauce hat einen fast seidigen Glanz und eine hohe geschmackliche und haptische Dichte, so dass man denken könnte, der Löffel bleibt gleich darin stecken.
Nun die gesalzenen, gepfefferten Fasanenbrüste von beiden Seiten jeweils zwei Minuten in Pflanzenöl anbraten und dann im vorgeheizten Backofen bei 140 Grad 15 Minuten nachziehen lassen. Ich habe eine Kerntemperatur von 63 Grad abgewartet. Dazu Champagnerkraut und Klöße servieren. Das Sauerkraut puffert die Süße und Intensität der Balsamicocrème wundervoll ab. À bientôt!
p.s.: Der dritte Advent steht vor der Tür. Viele von Euch kochen heute oder morgen für die Familie. Seid mutig. Spart nicht an Ideen und nicht an Salz oder gutem Pfeffer. Und vor allem: Spart nicht an der Freude und der Ambition, etwas Tolles auf den Tisch zu bringen. Haut rein!
Fabio Forcella 19. Dezember 2017 @ 20:50
Da ich einer der verzückten Nutznießer des oben beschriebenen vorweihnachtlichen Probelaufs war: welch ein Hammer-Rezept! Fasan in edler, punktgenauer Interpretation, umschmeichelt von einer Ober-Mega-Hammer-Sauce: Formel 1! Und auch die Rosenkohlcrème, fern jeglicher Erdenschwere, war ein festlicher Hochgenuß. Hach! Zur angedeihlichen Nachahmung empfohlen, absolut!
Rainer Knauber 20. Dezember 2017 @ 9:32
🙂